Page - 134 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Galizien, Volume 19
Image of the Page - 134 -
Text of the Page - 134 -
134
Alle diese Umstände beweisen, daß die Bevölkerung von Ostgalizien in der letzten
prähistorischen Periode in einem regeren Verkehr mit den Einwohnern der benachbarten
östlichen und nördlichen Gebiete gestanden hat.
Alterthümliche Steinfiguren. Zn den prähistorischen Denkmälern Ostgaliziens
gehören endlich verschiedene Bildsäulen oder Steinfiguren: die sogeuanute Svautovi t -
Säule , gefunden am Grunde des Flusses Zbrucz in der Nähe von Liezkowee und Husiatyn,
und die sogenannten Baby- (das sind Weiber-) Figuren, die in Ostgalizien zerstreut sich
finden. Die Figur des sogenannten Svantovit ist eine vierseitige, 2 Meter 70 Centimeter
hohe schlanke Säule aus Stein nnd auf allen vier Seiten mit Flachreliefs bedeckt, welche
etagenartig vertheilt und durch breite Bänder von einander getrennt sind. Der untere
63 Centimeter hohe Theil stellt im Flachrelief auf drei Seiten eine robust aussehende
knieende menschliche Figur männlichen Geschlechts mit gewaltigem Kopse und Schnurrbart
dar, die mit erhobenen Armen die Säule zu tragen scheint. Die vierte Seite der Säule ist
iu der unteren Etage glatt und schmucklos. Die mittlere, blos durch einen Querbalken von
der unteren abgegrenzte, nur 46 Centimeter hohe Etage zeigt auf allen vier Seiten je eine
kleine menschliche Figur mit verhältnismäßig großem Kopf nnd langem, bis an die Knie
reichendem Gewände. Die vier Figuren reichen sich gegenseitig an den Kanten der Säule die
Hände. An zweien dieser Gestalten sind weibliche Brüste angedeutet. Die dritte obere Etage,
welche 161 Centimeter hoch mehr als die Hälfte der ganzen Säule einnimmt, scheint die
Hauptdarstellung zu bieten. Wir erblicken hier an jeder Seite eine stehende jugendliche, bartlose
menschliche Gestalt, mit langem Gewände bekleidet und mit einem großen, runden Hut auf
dem Kopfe. Die Hände sind an jeder Seite auf dieselbe Weise schematisch dargestellt, der rechte
Unterarm gehoben, die Finger auf die Brust gelegt, der linke halb gesenkt. An einer Seite
hält die Figur in der rechten Hand ein Horn, an einer anderen einen Ring, an den zwei
übrigen Seiten ist diese Hand sowie die linke ganz leer. Auf einer Seite sehen wir ein Pferd
und ein von dem Gürtel der Figur an zwei Riemen in schräger Richtung herabhängendes
Schwert. Dieses ist gerade und scheint in einer hölzernen oder ledernen Scheide zu stecken,
der Griff in einem stumpfen Winkel an die Klinge schräg angesetzt, die mit kleinen Knöpfen
versehenen Enden der kurzen Parirstange ein wenig nach unten gebogen. Dieser Schwert-
typns war, wie man aus den Ausgrabungen in Südrußland, Nordungarn und anderen
mehr gegen Westen gelegenen slavischen Ländern schließen kann, vom Anfange des IX. bis
zum Ende des XI. Jahrhunderts im Gebrauche. Daraus geht hervor, daß die sogenannte
Svantovitbildsänle frühestens aus dem IX. Jahrhundert n. Chr. stammen kann.
In Folge der ziemlich großen Ähnlichkeit der besprochenen Figur mit der von mittel-
alterlichen Chronisten, besonders von Saxo Grammaticus geschilderten Bildsäule der
slavischen Gottheit Svantovit, welche ehemals in Areona auf Rügen gestanden hatte,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch