Page - 216 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Galizien, Volume 19
Image of the Page - 216 -
Text of the Page - 216 -
216
Die kleine Feste Czenstochau, wohin das Volk von altersher zn einein Gnadenbilde der
Mutter Gottes pilgerte, leistete einer regelrechten Belagerung der Schweden glücklich
Widerstand. Die Nachricht hievou flog durch alle Gaue Polens und zu dem Gefühle der
Nothwendigkeit, das Vaterland zn vertheidigen, gesellte sich auch das der Pflicht, den
katholischen Glauben zu wahren. Alles griff zu den Waffen, und es entstand iiberall ein
hartnäckiger Guerillakrieg, welcher die Angreifer zwang, ihre Streitkräfte zusammenzuziehen
und sich auf die Besetzung gewisser Punkte zu beschränken. Ein Nationalheld, Stefan
Czarnieeki, trat in diesem Kriege auf, und es gelang ihm, Karl Gustav bei Warka zu schlagen
und zur Räumung von Warschau zu zwingen. Johann Kazimir kehrte nach Polen zurück und
fand von Seiten des Kaisers Ferdinands III. kräftige Unterstützung. Ein österreichisches
Heer vertrieb die Schweden aus Krakau und besetzte die angrenzenden Provinzen. Durch
Vermittlung des Kaisers wurde mit Rußland ein Waffenstillstand geschlossen und der
Kurfürst von Brandenburg dadurch gewonnen, daß man ihm für Preußen den Lehenseid
erließ. Aus Polen vollkommen verdrängt, schlössen endlich die Schweden (1660) zu
Ol iwa bei Dauzig einen Frieden, in welchem sie auf alle Eroberungen in Polen
verzichteten, während Johann Kazimir seine Erbrechte auf die schwedische Krone aufgab.
Johauu Kazimir, welcher bereits alt und überdies kinderlos war, wollte das Land
vor den Wirren eines Interregnums bewahren. Hiezu schien ihm die Wahl eines Nachfolgers
noch zu seinen Lebzeiten das geeignete Mittel. Als Throneandidat wurde der Herzog
von Eughien auserkoren; seine Wahl sollte den französischen Einfluß in Polen begründen
und der nothwendigen Reform des Staatswesens die Bahn eröffnen. Sie ward auch
von der Gemahlin Johann Kazimirs, Marie Lonise, einer Französin, eifrigst unterstützt.
Diese Absichten riefen aber eine entschiedene und lärmvolle Opposition hervor, an deren
Spitze sich der Kronmarschall Georg Lubomirski stellte. Die Opposition trat im Namen
der sogenannten goldenen Freiheit auf, als deren Grundpfeiler die dem gesammteu Adel
eingeräumte Königswahl, die Einstimmigkeit der Reichstagsbeschlüsse und sogar das
liberum velv gepriesen wurden, trotzdem eben diese Institutionen den polnischen Staat
zu gänzlicher Ohnmacht vernrtheilten und eine ernste Gefahr für dessen ferneren Bestand
bildeten. Der unter dieses Banner gescharten Opposition gelang es, die Absichten des
Königs auf dem Reichstage zu vereiteln, und als Lubomirski wegen feiner Verbindungen
mit fremden Mächten in die Acht erklärt wurde, zettelte er einen Aufstand an und schlug
das königliche Heer in zwei Treffen (1664). Trotz dieses Sieges sah sich Lubomirski
veranlaßt, Polen zu verlassen, aber auch der König legte entmuthigt im Jahre 1668 die
Krone nieder und begab sich nach Frankreich.
Die letzten Vorgänge hatten gezeigt, daß Polen in seiner inneren Politik die
Selbständigkeit verloren hatte und zum Spielballe fremder Einflüsse geworden war.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch