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Spezereien und Getränken, welche man an den Osterfeiertagen genießen soll. Je
wohlhabender die Familie, um so großartiger ist das „Geweihte". Bei den Bauern
besteht es zumeist aus Eiern, Speck, Würsten, Brod, Osterslecken, Käse, Butter, Kren
und Salz. Die Hausfrauen tragen alles dieses am Samstag Nachmittag an einen
bestimmten Ort, oder wenn sich eine Kirche im Orte befindet, in diese, um es durch den
Priester weihen zu lassen. In den Städten Pflegen die Geistlichen von Haus zu Haus zu
gehen und weihen dort das Vorbereitete, da dessen so viel ist, daß es schwer wäre, damit
in die Kirche zu wandern. Dasselbe gilt von den Edelhösen auf dem Lande.
Die Osterseiertage. Sofort nach der Messe erfolgt am ersten Feiertag das Essen
des „Geweihten". Man beginnt mit den Eiern, welche man miteinander theilt, wobei man
sich gegenseitig, wie bei der Vigilie, Glückwünsche darbringt. Das zweite Gericht ist ein
Zur, aber nicht mehr eine magere Fastensuppe, sondern eine solche, die mit Eiern, Wurst-
uud Speckstücken zubereitet ist.
Als Beweis für das Gepränge, mit welchem man seit alten Zeiten in Polen das
„Geweihte" herstellt, möge hier eine Beschreibung aus dem XVI. Jahrhundert dienen. Es
ist dies ein Brief des Nikolaus Pszouka, eines Eavaliers J a n Tarnowskis , welcher
sich in jungen Jahren in den Kriegen Kaiser Carl V. ausgezeichnet, von diesem den
Grafentitel erhalten hatte, später in der Heimat den höchsten militärischen Rang, den
eines Hetmans, einnahm und sich durch denkwürdige Thaten, sowohl im Frieden, als im
Kriege, mit Ruhm bedeckt hat. Diesen hervorragenden Hofwürdenträger hatte ein Krakauer
Bürger namens Ehroberski zum „Geweihten" eingeladen nnd der ihn begleitende
Höfling hat diesen Besuch in einem Briefe an seine Gattin folgendermaßen beschrieben:
„Ich werde es nicht auszusprechen, oder Euer Liebdeu, meiner herzallerliebsten Salnsia,
davon ein Bild zu geben vermögen, was für eine Schwelgerei hier vorgeht zur Zeit der
österlichen Auferstehung unseres Herrn! Hat man doch dergleichen nicht gesehen oder
gehöret in unserer Gegend. Hier kann sich ein Bürger stolz halten, wie der Herr Wojewode
selbst, denn er hat auch Grund dazu. Du tritt'st in die Kemnate, wie in ein Schatzhaus.
An den Wänden glänzen reiche Tapeten, die Schreine sind mit Schüsseln angefüllt, mit
Krügen, Bechern, silbernen Kelchen, daß Dir die Augen übergehen! Die Herrin selber mit
Ohrringen von Rubinen, Brillanten; Perlen am Halse, wie die größesten Erbsen nnd das
nicht nur ein Paar, sondern fünf, sechs, acht Schnüre und eine der anderen gleich, wie
Thränen. Ich werde Euer Liebdeu jene seidenen Gewänder nicht beschreiben, da Ihr selbst
mit Gottes Hilfe genug davon habt, um es anzulegen. Die Jungfrauen, das muß ich
Euer Liebdeu gewissenhaft gestehen, sind zierlich wie Dianen und eine schöner wie die
andere. Die reichsten Bürger gehen meist schwarz gekleidet. Ach! wenn Euer Liebdeu
nur die Busennadeln sehen könnte! Die Busennadeln an dem Halse dieser Krösusse!
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch