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Da muß ja, Gott verzeihe die Sünde, der Teufel ihnen Geld dazu geben! Sie treiben
aber Handel mit der halben Welt, kein Wunder, trägt denn das wenig ein? Aber
es ist schon hohe Zeit, daß ich Euch alles beschreibe, denn das wird Euch ein liebliches
Lesen sein; und bei Gott kann ich's betheuern, daß alles die reine Wahrheit ist, wie ich
es selbst gesehen und genossen habe bei der geweihten Tafel des wohledlen Herrn Nikolaus
Chroberski, des Rathsherrn, wahrhaft ehrenwerthen und hier sehr angesehenen Bürgers,
für den es nichts Besonderes ist, sogar bei des Königs Gnaden Majestät gesehen zu
werden. Er hat also seine Gnaden den Herrn Hetmau, unsern Principal, zum geweihten
Imbiß eingeladen, sammt einigen von uns, gradaus nach der Messe in der Marienkirche,
wo unser gnädiger Herr der allerdnrchlauchtigste König mit seiner allerlieblichsten Königin
Basia (so sagt er immer zu ihr), dem gauzeu Hofstaat und den vornehmsten Herren sich
am Ostermontag befanden, allwo der geistliche Herr Petryzy, ein, wie man hört, großer
Favorit des allergnädigsten Herrn, die heilige Messe celebrirte. Wie also das heilige Amt
unter Gottes Segen glücklich zu Ende gegangen war, fuhren unsere Hochgeboren Excellenz
in ihrer Carrosse gradaus zum Haus des wohledlen Herrn Chroberski auf der Brazker-
straße (Brüderstraße) und wir zu Pferde ihm nach. Wir treten in die große Stube,
und das an des Herren Seite, denn dieser war an diesem Tage gar seltsam gütig und
gnädig; denn das trifft sich bei ihm nicht immer, allein wenn er schon einmal gut ist,
da wolltest du ihn unter die Engel setzen. An der Schwelle wurde er von Ihrer Gnaden
der Dame Chroberska begriißt, hat ihr eine wunderschöne Reverenz gemacht nnd ihre
Tochter, die wohledle Jungfrau Agnes, so gleich einer Rosenknospe im Erblühen dastand,
hat er auf das Gütigste auf die Stirne geküßt und hat gleich den Schnurbart gedreht
nnd mit dem Auge nach ihr hingeblitzt. Anjetzten wurde eine zweite mit Ebenholz und
Perlmntter eingelegte Eichenthüre geöffnet und ich habe förmlich meine Augen dort
vergessen, obwohl es mir nichts Nenes ist, Reichthümer zu sehen; nur daß dieses bei einem
Bürger war und daß man noch nicht gesehen hatte, was Krakau ist! Hier also, daß Ihr es
vor Euch sehen könnt: ein Eichentisch mitten in der Stube, so daß hundert Menschen
bequem daran sitzen und essen können. Ein einziges großes Tischlaken darauf, aber kreuz-
weis zusammengenäht so, daß man das kaum unterscheiden konnte, wenn man nahe hinsah.
Darauf stand was ich hier beschreiben will, denn ich habe mir ein jegliches Ding gut
gemerkt, um Euer Liebden eine wahrhaftige Relation geben zu können. Auf sechs silbernen
Schüsseln von herrlicher Arbeit waren geräucherte Schweinskenlen. Auf andern sechs
Schüsseln waren zu sehen zwei kugelrunde Ferkel, Würste von einer Länge von vier Ellen
zum wenigsten, von herrlichem Dufte, von der Farbe des dunkeln Krokus, umgeben von
Reihen geweihter und bemalter sowie beschriebener Ostereier in allen Farben, aber zumeist
in krebsrother Farbe. Das Fleisch hatte einen herrlichen Überzug von Fett, das in die
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch