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Mit den herbeigekommenen Gästen machte sich der Hahn, als ein der Wirthschaft
Kundiger zn schaffen. Er ist's, welcher weiß, wohin man Jeden unterbringen soll, damit er
Nahrung finde. Es folgt dann Musik und Gesang. Der Bär, welchem es vollkommen an
musikalischem Talente gebricht, hat wenigstens ein Vaterunser gebetet; unter den Vögeln
führt natürlich die Nachtigall den Reigen an.
„Nachtigall fängt im Diskant a», ! Seht, seht, seht, seht welch' ein Wunder
Stieglitz singt den Alt fürbaß.
Den Tenor bringt Staar gewandt an
Und die Taube girrt im Baß, girrt im Baß.
Sperling auch, das arme Seelchen,
Piepst erfroren aus dem Kehlchen, Zu uns kam Gott herunter, Gott herunter.
Hanbenlerch' mit ihren Jungen
Hinter m Ofen hat gesungen:
Zirp, zirp, zirp, zirp, Herr, Du Lieber,
Eh' der Frost nicht ist vorüber, nicht vorüber."
Wiewohl die Kolenden in den Hütten sowie in Edelhöfen und Palästen mit gleicher
Liebe gepflegt werden, so besitzen wir doch bis heute noch keine vollständige Sammlung
derselben. Sie sind im Laufe der Zeit entstanden und tragen auch die Spuren verschiedener
Zeitalter. Ihr Anfang reicht bis in das Mittelalter hinauf; im XVI. Jahrhundert aber
werden sie schon von Dichtern nachgebildet. Die meisten unter den allgemein bekannten
Weihnachtsliedern sind im XVII. und XVIII. Jahrhundert entstanden. Es ist durchaus
irrig, wenn man das Wort Kolenda mit dem bei den Slaven nie vorhanden gewesenen
heidnischen Gotte .Xoleiul« oder ,XoInd" in Verbindung gebracht hat. Der Ausdruck
„Kolenda" bezeichnet in der polnischen Sprache ein dargebrachtes Geschenk, nnd zugleich
ein Lied über die Geburt des Herrn und stammt von dem lateinischen Ausdruck
„lHaleiuZue- ab. Zu Neujahr, lateinisch (üalenckis ^anuarüs genannt, herrschte nnd herrscht
so wie überall, auch in Polen die Sitte, daß man einander Glückwünsche darbrachte und
gegenseitig Geschenke gab. Die Schuljugend richtete bei diesem Anlasse Ansprachen an
weltliche nnd geistliche Würdenträger nnd Pflegte auch Lieder zu singen, welche die Geburt
des Herrn behandelten und anch eine Art Geschenk d. i. Kolende waren. Die Krippenspiele
thaten das Übrige, die Sache kam unter das Volk, und dies ist der Beginn der „Kolenden".
Sie sind dnrch christliche Cultur entstanden und nicht durch Vermittlung irgend einer
heidnischen Gottheit.
Volksschauspiel. Bei dem pvlnischeu Volke hat sich das Schauspiel in zweifacher
Weise ausgebildet: als Faschingsspiel, von dem bereits die Rede war, und als Krippen-
spiel. Die Krippenspiele, welche nach unserer Meinung den Faschingsspielen als Muster
vorangegangen wareu, sind von den Schulen und Klöstern herzuleiten, welche den
Gläubigen die Geburt des Heilands im Bilde darstellten. Die älteren Texte, welche nnter
den Kolenden in sogenannten Kantiken (Kirchengesängen) aus uns gekommen sind, bestehen
aus zwei Hmlpttheilen. Der erste Theil stellt den Augenblick dar, da einer der „Hirten",
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch