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gebunden, dem Bräutigam dagegen ein großes Taschentuch. In der Regel werden bei
dieser Gelegenheit die Verlobnngsringe gewechselt und dazu entsprechende Verlobuugs-
lieder gesungen, z. B.:
Du mein grauer Kukuk,
Wach' nicht auf so frühe,
Ruf' auch nicht so klagend!
— „Wie fall ich nicht klagen,
Wenn der Herbst schon eintritt?"
— Mütterchen Mariechens,
Wach' nicht auf so zeitlich,
Wein' auch nicht so bitter!
— „Ach soll ich nicht weinen?
Eine Tochter hab' ich
Hieraus geht der Bräutigam init dem Starosten zum Pfarrer und bestellt die
Eheaufgebote (?äpvwiä^). Bei dieser Gelegenheit werden die Verlobten zum Pfarrer
beschieden und müssen nachweisen, daß ihnen die Hauptgrundsätze der christkatholischen
Lehre und die übrigen Gebete geläufig sind. Die Verlobung ist aber noch nicht bindend,
wenn auch die Eheverkttndigung vor sich geht, und kann gelöst werden. Wurde dies vom
Mädchen veranlaßt, dann sind die Eltern desselben verpflichtet, dem Brautwerber
die gemachten Auslagen zu vergüten. Will sich aber der Bräutigam seiner Erkorenen ver-
gewissern, dann pflegt er mit dem Starosten zum zweiten, manchmal auch zum dritten Mal
in deren Haus sich zu begeben, um das letzte Wort zu holen. Bei diesem Anlasse, slc»v>n^
genannt, wird auch die Mitgift (winv), welche in Kleidern und Bettzeug, wirthschaftlichem
Inventar, nicht selten auch in Bargeld und liegenden Gütern besteht, vereinbart. Es wird
auch vereinbart, ob die Verlobte das Haus des Bräutigams oder aber der Bräutigam das
Haus seiner Braut beziehen soll, und im letzteren Falle, wenn der Bräutigam besitzlos ist,
heißt es: pr^stä^v cko nHi na Fi-unt i ekätu. Auch der Ärmste trachtet, wenn auch ein
blutarmes Mädchen, „des Hemdewaschens nnd Kleiderflickens wegen" dulo Icomü
obiprät^ ta olilatat^), zu heiraten und es kommt äußerst selten vor, daß eine Jungfer
ergraut sia kos^).
Nach erfolgter Eheverkündigung liegt es beiden Seiten ob, die znm Heiratsanfzng
nöthigen Personen vvesilna) einzuladen. Die Druzyua des Bräutigams, welcher
kniaö, d. i. Fürst, genannt wird, bilden: ein 6rü5bu, Brautführer, und zwei piäcki-uxbx,
d. i. Unterbrautführer, in der Regel junge, tanzlustige Gesellen, zwei Starosten, ältere
angesehene Männer, von denen einer die Rolle des Wirthes im Hause des Bräutigams
übernimmt; ferner zwei ältere, angesehene Frauen, svväekx genannt, und eine SvvitMa,
ein junges Mädchen, in der Regel die Schwester des Bräutigams oder eine Verwandte
Und muß sie vermälcn."
— Schmück' dich nicht, o Hänichen,
Und erwccke Herzweh;
Schmück t euch nicht, ihr Haine,
Und erwecket Trauer!
Denn ich traure tief und schmerzlich!
Geb' von mir die einz'ge Tochter
Ach, in eine fremde Gegend,
Nicht in die Verwandtschaft! (S.-St )
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch