Page - 417 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Galizien, Volume 19
Image of the Page - 417 -
Text of the Page - 417 -
417
Vor dem Fenster angekommen, bitten sie den Hauswirth um die Erlaubniß, Weihnachts-
lieder vorzutragen und nach beendigtem Liede wünscht der Führer der Weihnachtssänger
ein gesegnetes Jahr dem Hauswirth, seiner Familie und seiner ganzen Wirthschaft. Dafür
werden die Sänger bewirthet und beschenkt. Das bei dieser Gelegenheit gesammelte Geld
wird für Kirchenzwecke gespendet.
Am Vorabende des Neujahrs (s2c2e«Zr^ vee?er), das ist am Melanietage (na
Ualänky) wird ebenfalls, wie am Weihnachtsabend ein Abendessen, wobei besonders die
kuhü, Mehltaschen und mit Hanföl, Zwiebel und dergleichen Füllsel, gebackenes Brod
nicht fehlen dürfen, aufgetischt, und dann geht die Dorfjugend gruppenweise von
Haus zu Haus und singt vor den Fenstern den Koladäliedern ähnliche religiöse Lieder
(s?e2e6rivvkzs), welche noch manche Erinnerungen an die Gottheiten des Lichtes und der
Wärme und Glückwünsche für den Hauswirth und seine Angehörigen enthalten. Es werden
auch verschiedene Deutungen und Erforschungen der Zukunft an diesem Abend angestellt.
Am Neujahrstage selbst gehen insbesondere Knaben von Haus zu Haus. Nachdem
sie die Schwelle überschritten, beschütten sie den Boden mit Getreide und sprechen dabei
den Spruch: „Weizen, Korn und jegliches Getreide sei gesäet und gedeihe wohl und hinter
dem Ofen gedeihe ein Häuflein von Kindern!" Nach dem Gottesdienst führen die Burschen
ein mit Bändern, Ähren, Sinngrün und dergleichen geschmücktes Pferd oder einen Ochse»
in die Wohnstube, um den Hauswirth zum Neujahr zu beglückwünschen. Am Neujahrstage
wird die Weihnachtsstreu (ckiäüek) aus der Wohnstube weggeschafft.
Den Schluß dieses Weihnachtscyklus bildet der Vorabend der Taufe Christi (kotoäna
Ilutja). Es wird bis zur Wasserweihe, welche in der Kirche stattfindet, strenge gefastet. Mit
dem aus der Kirche geholten Weihwasser bespritzt der Wirth seine ganze Behausung sammt
den Wirthschaftsgebäuden und dem Vieh. Nach eingetretener Abenddämmerung werden in
der Regel ähnliche Gerichte wie am Weihnachtsabend vorgesetzt. Nach dem Abendessen
gehen Knaben von Haus zu Haus und singen die vor. Am nächsten Tage findet
die Wasserweihe auf dem Teiche oder auf dem Flusse statt (5vo6oekres?c2e, ^c»rckäri). Das
Weihwasser wird getrunken und auch das ganze Jahr aufbewahrt als Schutz gegen Krank-
heiten und überhaupt wegen seiner wunderthätigen Wirkung. Bei der Wasserweihe kommen
dreiarmige Kerzen (trisei) vor, auch kromri^ci, welch' letztere Bezeichnung an die Gottheit
Peruu (Donner, Krim) erinnert. Vom Weihnachtsabend bis zur Taufe Christi enthält man
sich jeder größeren Arbeit, besonders an Abenden (Svviati wsc^er^ heilige Abende).
Bei weitem festlicher werden bei den Rnthenen die nach einer höchst strengen Fasten-
zeit folgenden Ostern gefeiert. In der Charwoche sind die Hausfrauen mit
der Anfertigung der Osterbrode (paska) beschäftigt, welche so wie die Hochzeitsbrode große
mit verschiedenen Gewürzen zubereitete Weißbrode sind. Außerdem dürfen Würste, Speck,
Galizien. 27
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch