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bei Wohlhabenderen auch Schinken und gebratenes Ferkel mit einer Krenwurzel in den
Zähnen nicht fehlen. Alle diese Eßwaren, unter die noch hartgesottene Eier, Salz, Käse
und Butter gesteckt werden, trügt der Hauswirth im Backtrog oder in einer groben Bett-
decke am Ostersonntag Morgens in die Kirche. Die Dorfbewohner stellen sich mit diesen
Ostereßwaren auf dem Kirchhof in zwei Reihen auf, zwischen denen der Durchgang für
die Procession frei bleibt. Nach dem Gottesdienst werden die Osterbrode unter Sang,
Glockenklang und Schießen vom Pfarrer, der mit einer Procession einherschreitet, geweiht.
Unabhängig von diesen geweihten Osterbroden sind die Ostereier als
Ostergeschenke im Gebrauch. Die Hausfrauen tauchen die Ostereier in die aus Sandel-,
Brasilienholz, Anilin und dergleichen Farbstoffen erzeugte Farbe, nachdem dieselben vorher
in einer Alaunlösung befeuchtet wurden. Außer diesen einfach gefärbten Ostereiern —
krasznuIiF genannt — werden auch kunstvoll ornamentirte Ostereier — genannt
— ausgeführt, welche sich durch reichhaltige Muster wie byzantinische Kreuze, Sterne,
alterthümliche Streitäxte, zumeist aber geometrische Ornamente auszeichnen. Jedes Muster
hat so wie bei Stickmustern seine specielle Benennung. Manche pxsankF weisen Zeichnungen
mauretanischen Stils auf, welcher wahrscheinlich von der Bukowina und der Moldau aus
importirt wurde.
An die Ostereier knüpft sich eine von den Huzulen überlieferte Legende. Während
Christus am Ölberg betete, war die Mutter Gottes in einer armen Vorstadthütte in
Jerusalem mit dem Färben der Ostereier beschäftigt, um dieselben dem Pilatus sammt
einem Huhn als Geschenk darzubringen und die Freisprechung Christi zu erwirken. Als sie
aber erfuhr, daß Christus bereits gekreuzigt wurde, brach sie in Ohnmacht zusammen und
nun rollten die Ostereier in die Welt auseinander.
Nach der Einsegnung der Osterbrode eilt Alles nach Hause, Allen voran der Haus-
wirth mit dem Geweihten, welches er, nachdem er es drei Mal um die Hütte getragen,
auf den Tisch stellt. Zuerst vertheilt er ein Osterei unter Glückwünschen an alle Inwohner
des Hauses. Dann wird auch das Osterbrod in Stücke geschnitten und nach dem Alter an
alle Angehörigen vertheilt. Hierauf werden auch andere Ostergerichte verabreicht. Die
Dorfjunggesellen eilen, nachdem sie sich sattgegessen, zum Kirchthurm und läuten die Glocken.
Wer der erste läutet, der wird in diesem Jahre zuerst heiraten.
Nachmittags werden auf dem Kirchhof oder auf dem Platze vor der Kirche die
Osterspiele (tiakilkF oder kkrjivvk^) mit Gesang aufgeführt, welche ohne Zweifel als
Überreste der heidnischen Frühlingsfeier anzusehen sind. Es sind dabei verschiedene Figuren
üblich. So fassen 20 bis 30 Dorfmädchen einander bei der Hand und bilden auf diese Art
eine lange Reihe, welche unter Sang serpentinartige Windungen ausführt. Es wird auch
z. B. ein Mädchen in der Mitte gelassen, während die übrigen, einander die Hände reichend,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch