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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Galizien, Volume 19
Page - 577 -
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Page - 577 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Galizien, Volume 19

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577 Gerichtshof nach Rom. Anfangs hoffte Orzechowski, die Furcht vor dem Übertritt Polens zum Protestantismus werde in Rom die Anerkennung seiner Heirat erzwingen. Er schrieb einen Drohbrief an Julius III., dem an Frechheit kaum etwas gleichgestellt werden kann. Doch umsonst; nach langen Jahren kam das Urtheil: Orzechowski hat sich gegen die kirchliche Disciplin, nicht aber gegen den Glauben vergangen. Der Bann wurde aufgehoben, die Heirat aber nicht anerkannt. Nun schwindet allmälig Orzechowskis Siegesgewißheit; der Entschluß wird immer sichtbarer, sich mit der kirchlichen Gewalt auszusöhnen. Sein Interesse trifft mit seiner Überzeugung zusammen, die im Grunde katholisch gewesen sein muß, da er sonst allen Vortheil aus dem Übertritt zum Protestantismus erreichen konnte. So bringen denn Überzeugung und Interesse seine beiden bedeutendsten Schriften znr Reife, die ersten, die er polnisch geschrieben hat, die Dialoge von der Executiou okolo Lxekuexi) und den Quiucuux. Das Wort Exemtion bezeichnete damals ein umfassendes, nicht ganz klares politisches Programm. Orzechowski ergreift das Wort in der brennenden Frage, weist treffend manches Unheil nach, nimmt sich mehrerer nützlicher Reformen an, stellt aber ein hypertheokratisches System zusammen, welches dem eifrigsten Katholiken seiner Zeit als übertrieben und unausführbar vorkommen mußte. Doch trotz aller Widersprüche und Paradoxe sind einige Stellen dieser Schriften von hinreißender Wirkung. Das religiöse Zerwürfniß, die Politischen Wirren erfüllen ihn mit einer Angst für die Zukunft des Reiches, die in erschütternden Worten Ausdruck findet. Sein Todesjahr ist unbekannt; wahrscheinlich starb er 1567. Durch seine leidenschaft- liche Natur, durch die unvereinbaren Widersprüche zwischen seinen Ideen und Handlungen, erscheint er als ein interessantes Phänomen jenes frechen Übermuthes des Individuums, welcher dem XVI. Jahrhundert eigen ist. Durch sein Talent, seine sophistische Gewandtheit, seinen Jnstiuct, immer das zu sagen, was der öffentlichen Meinung eben angenehm war, kann er in seiner Art fast für ein publicistisches Genie gelten. In der polnischen Literatur aber ist er als ausgezeichneter Schriftsteller in hohem Ansehen geblieben. Andreas Frycz Modrzewski ist die Hauptgestalt der politischen Literatur Polens in diesem Jahrhundert, unter den Schriftstellern dieser Art im damaligen Europa einer der merkwürdigsten. Er zielt auf eine organische Entwicklung aller Bestandtheile der Gesellschaft ab. Gleiches Recht für alle (vor Allem gleiches Strafrecht), die Aufhebung der Gerichtsbarkeit des Gutsherrn über den Unterthan, allgemeine Besteuerung (auch der Geistlichkeit und des Adels); für die Städtebewohner das Recht, Landgüter zu besitzen, folglich öffentliche Ämter zu bekleiden, ein oberster Gerichtshof von Bürgern aller Stände gewählt, Verantwortlichkeit der hohen Staatsbeamten dem Reichstag gegenüber, das sind Forderungen, die im XVI. Jahrhundert kaum auderswo gestellt wurden uud dereu praktische Durchführung der ganzen Zukunft Polens eine andere Richtung hätten geben können. Galizien. 37
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Galizien, Volume 19
Title
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Subtitle
Galizien
Volume
19
Editor
Erzherzog Rudolf
Publisher
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Location
Wien
Date
1898
Language
German
License
PD
Size
16.48 x 22.34 cm
Pages
920
Keywords
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Categories
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