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üblicher Art, bearbeitet er Geschichte, Geographie, Literatur, Rechts- und Militärwesen, bis
ihn sein geistlicher Beruf (1639) mehr auf religiöse Stoffe und Predigten weist. Am
bedeutendsten sind seine politischen Werke, vor allen seine Reformation der polnischen
Si t ten. Als im Jahre 1655 die Republik von Schweden, Russen und Kozaken überfallen,
fast für verloren galt, schrieb Starowolski seine Lamentat ion der Krone Polens ,
die für das Schönste gelten kann, was die polnische Literatur in der Zwischenzeit von
Skarga bis Mickiewicz hervorgebracht hat. Es ist auch Starowolskis letzte Schrift. Als
Domherr der Krakauer Kathedrale mnßte er dem Könige von Schweden als Cicerone in
seiner Kirche dienen und hatte mit demselben ein Gespräch, das mit den Worten: „i^cirluim
vui'iubilis, veus immutubilis- endete. Ein Paar Monate nachher ist er gestorben.
Mit diesen Kriegen und dieser Kozakenrebellion fängt eine düstere Zeit an, um so
düsterer, als der äußeren Übermacht die innere, jene des Individuums über die Gesammt-
heit zur Seite steht. Im Jahre 1652 wird zum ersten Male der Reichstag durch das
l i b e r u m Veto eines Theilnehmers in seiner Wirksamkeit sistirt nnd aufgelöst. Der
König von Schweden gerirt sich als polnischer König, der Czar bemächtigt sich Lithauens,
der Kozak Chmielnicki reißt die trausdnieprische Ukraine los und unterwirft sie zuerst der
Türkei, dann Rußland. Polens Untergang scheint vollbracht zu sein.
Unter solchen Umständen ist an ein Gedeihen der Wissenschaft nicht zu denken:
nach dem allmäligen Sinken während der ersten Hälfte des Jahrhunderts tritt jetzt die
Dämmerung ein. Und doch, wie sich die Republik wahrhaft heldenmüthig aufraffte, sich
ihrer Feinde entledigte nnd aus dem Kriege zwar mit schweren Wunden, doch siegreich
hervorging, so bewährt sich derselbe ritterliche und patriotische Geist anch in der Literatur
und schafft Werke, die Achtung und Sympathie verdienen. Vespasian Kochowski
ist der getreueste und edelste Repräsentant der Literatur dieser Zeit. Im Jahre 1633
geboren, 1699 gestorben, tritt er uns nur als Lyriker entgegen. Seine Lyrik folgt Schritt
für Schritt allen wichtigen Ereignissen, von Wtadystaws lV. Tode bis zum Wiener
Feldzuge Johanns III. Huldigt er auch hie und da dem üblen Geschmack der Zeit, so
gelingt es ihm doch meist seinen Gefühlen einen ernsten, männlichen, znmal begeisterten
Ausdruck zu geben. Merkwürdig ist seine Psalm odie, eine im Psalmenrhythmus uud
Psalmenstil verfaßte Gruppe von Gesängen, die halb weltlich, halb religiös, hie und da
mit einem mystischen Anstrich, an die weit späteren Dichter Mickiewicz und Krasinski
erinnern; die schönsten dieser Gesänge beziehen sich auf die Türkenniederlage von Wien.
Waclaw (Wenzel) Potocki, 1622 geboren, in der Umgegend von Biecz auf feinem
Landgnte Luzna wohnhaft, um das Jahr 1696 gestorben, hätte bei etwas mehr Ausbildung
ein bedeutender Epiker werden können. Er verfaßte eine VVc>Mn (üioeimska (Choeimer
Kriegszug, vom Jahre 1620), die wirklich nach Pulver riecht. Von Potockis übrigen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch