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der greise Schriftsteller von Seiner Majestät dem Kaiser mit dem Franz Joseph-Orden
ausgezeichnet. Von der kaiserlich deutschen Regierung geheimer Beziehungen zu Frankreich
angeklagt, zu vierjährigem Gefängniß verurtheilt, aber aus Gesundheitsrücksichten gegen
Cantion für eine Zeit lang ans freien Fuß gesetzt, begab er sich nach San Nemo; doch
ein daselbst herrschendes Erdbeben und die Lebensgefahr, in welche er beim Einstürzen
seiner Wohnuug gerieth, griffen die bereits sehr schwankende Gesundheit des Greises
derart an, daß er kurz darauf in Genf (März 1887) starb.
Neben Kraszewski ist der bereits als Dramatiker erwähnte Josef Korzeniowski
der berühmteste polnische Romanschreiber jener Zeitperiode. In Allem sein Gegensatz, ruhig,
gelassen, mit einer Lebensweisheit, die den goldenen Mittelweg schätzt und empfiehlt,
zeichnet er sich durch Klarheit, Verstand, gutmüthiges Wesen und heiteren, angenehmen
Witz aus. Als Sittengemälde sind Korzeniowskis Romane werthvoll, nicht selten recht
unterhaltend. Außer den Genannten glänzen in jener Zeit noch andere Romanschreiber,
wie der einst vielgelesene, 1896 gestorbene S igmund Kaczkowski.
Wie ungünstig auch die damaligen Verhältnisse waren, vermochte sich doch die
wissenschaftliche Thätigkeit ehrenvoll zu behaupten und in mancher Richtung sogar
bedeutende Fortschritte zu machen. Werden die philosophischen Studien noch immer durch
dieselben Männer (Cieszkowski, Gotuchowski, Libelt, Kremer) betrieben, so treten auf
dem Gebiete der Geschichtschreibung neue und ausgezeichnete Kräfte auf. Der alte Lelewel
gibt sich in dürftigen Umständen mit wahrhaft heroischer Aufopferung seinen Forschungen
bis zu seinem Tode (1861) hin. Doch wird der ernste, große Forscher, der Verfasser der
,Kumisinuti«zue clu und der „Stuckes Keoßrapl^icjues et
nrcl iLoloxiques" in seinen alten Tagen immer mehr zum tendenziösen politischen
Doktrinär. Seine Saat trägt aber in der wissenschaftlichen Forschung seiner Nachfolger
reiche Früchte. Unter den Rechtshistorikern ist vor Allem Anton S igmund Heleel zu
nennen (in Krakau 1808 geboren und daselbst 1870 gestorben), welcher als Universitäts-
professor, Herausgeber und Commentator wichtiger Quellen, endlich als praktischer
Politiker (1848 und 1861) einen ruhmreichen Namen erworben hat. Neben ihm sind
Romuald Hube und Wenzel Alexander Maciejowski zu nennen. Die eigentlich
geschichtliche Forschung fiel in jenem Zeitraum August Bielowski als Hauptaufgabe und
Hauptverdienst zu. Manche seiner Hypothesen erwiesen sich seither als unbegründet, aber
die von ihm edirten Quellensammlungen (vor Allem die klonumvntÄ ?o1oniae
Iiistoriea) legten für die spätere Forschung einen festen Grund. Er ist in Lemberg im
Jahre 1876 als Director des Ossolinski'schen Instituts gestorben.
Neben ihm ist Karl Szajnoch a als der Hauptrepräsentant der Geschichtschreibung
zu nennen. Zu Komarno (im damaligen Samborer Kreise) 1818 geboren, Sohn eines
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch