Page - 671 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Galizien, Volume 19
Image of the Page - 671 -
Text of the Page - 671 -
671
Von den Holzbauten der lateinischen und griechisch-katholischen Kirchen in Galizien
wird ihr bescheidener künstlerischer Gehalt auf kleinstädtische Bauwerke und speciell die
Wohnhäuser an Marktplätzen und in den nahe gelegenen Gassen übertragen. Schmutzige
und verwahrloste jüdische Niederlassungen zeigen hier und da malerische Häuser mit Front-
giebeln und Laubengängen auf schön geschnitzten Stützsäulen, die oben durch Bogen gebunden
und manchmal mit zierlichen Gehängen von Stützsäulen versehen sind. Wo die Laubengänge
fehlen, vertritt sie ein stark hervortretendes Dach auf vorschießenden Tragbalken oder
zierliche Sänlen rücken an die Hauswände heran, um mit schiefen Streben die Querbalken
zu stützen. In den offenen, von einem Laubengange getragenen Räumen im Stockwerk
feiern die Juden das Laubhüttenfest. Solche malerische kleinstädtische Märkte schwinden
allmälig iu Galizien, sie werden durch Brände vernichtet, um an Bobowa, Wisuicz,
Czortköw n. f. w. zu erinnern. Doch finden sich solche noch in Zakliczyn am Duuajec,
in Rymanöw, in Lisko, in Czortköw, in Zabno, Krosno u. s. w. Die Säulen sind wie in
den Kirchen beider Riten unten quadratsörmig bearbeitet, in der oberen Hälfte gehen sie
in Geländersäulen über, deren Fasen mit der Axt hergestellt ist, uud enden in bescheidenen
Capitälen. Ähnliche Holzbauten kommen in alten Adelsgehöften, in jüdischen Bethäusern
(Jabtonöw) und in Wirthschaftsspeichern vor.
Romanische Epoche. Durch Vermittlung der uralten Niederlassung an dem
Gelände der Weichsel und durch deren bischöfliche Residenz, das ist durch Krakau, das vou
Polen, sowie von abendländischen Kaufleuten bevölkert war, kam der nördliche Theil des
heutigen Galizien ziemlich frühzeitig — im XI. Jahrhundert — mit den Baustilen des
oecidentalen Europa in Berührung. Dunkle Nachrichten der Chronisten, welche die heutige
Wissenschaft bestätigt, melden von architektonischen Arbeiten der Benedictiner in Krakau
und seiner Umgebung, die aus den fernen Rheingegenden ins Land kamen, und von der
Thätigkeit der Fürsten und Bischöfe auf dem Gebiete der Architektur vor dem XII. Jahr-
hundert. Das älteste Denkmal dürfte unstreitig die unterirdische romanische Krypta der
Kathedrale auf demSchloßberg von Krakau sein, welche Bischof Maurus im Jahre 1110
einweihte. In der im XIV. Jahrhundert von Grund aus im gothischen Stil umgebauten
Kathedrale befindet sich an der Westseite unter der Erde jener Rest des ältesten Krakauer
romanischen Baues der Kathedrale. Die Krypta ist durch Säulenreihen in drei Schiffe von
gleicher Breite getheilt, mittels Gurten in zwölf Kreuzfelder ohne Rippen eingewolbt und
besitzt auf der Westseite eine halbkugelförmige Apsis, welche deutlich für die Plananlage der
ursprünglichen Kirche mit einer westlichen und östlichen Apsis im Geiste der romanischen
Kathedralen am Rhein Zeugniß gibt. Gebaut aus mächtigen Quadern mit monolithen
Säulenschäften, Würselcapitälen uud Cousoleu, an den Wänden mit primitiven Profilen,
weist sie durch die sorgfältige Bearbeitung der Quaderstächen und der architektonischen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch