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Daß die gewöhnlichen wollenen Teppiche in orientalischer Manier und Technik,
und zwar sowohl die auf persische Art geknüpften, als auch die kilimartig gewirkten, im
Lande erzeugt wurdeu, steht außer Frage; die in unseren Tagen neu belebte Teppich-
wirkerei gründet sich ja auf alt-traditioneller, heimatlicher Knnstfertigkeit. Ans der letzten
Landesausstellung in Lemberg wurden in der kunsthistorischen Abtheilung neben zwei
farbenprächtigen, gold-und silberdurchwirkten seidenen Teppichen aus polnischem Familien-
besitz, welche zur Gattung der „altpolnischen" gehörten, auch zwei einfache wollene
Teppiche viel bemerkt, deren Ornamentik durch derbe Umstilisirung orientalischer Motive
und ihre Vermengung mit rein europäischen und localen zur Charakterisiruug der alther-
gebrachten heimatlichen Teppichwirkerei lehrreiches Material bot. Beide verrathen identische
Abstammung; einer von ihnen war mit zehn polnischen Familienwappeu versehen, der
andere trug das eingewirkte Datum 1698. Auch diese Teppiche entstammen gewiß keiner
fabriksmäßig betriebenen Werkstätte, die es nachweislich zu jener Zeit nicht gab, sie sind
vielmehr auf jene Liebhaberei der Edelleute zurückzuführen, deren wir oben gedacht haben
uud der merkwürdiger Weise auch die Hebung der gegenwärtigen galizischen Teppichwirkerei
zn verdanken ist. Die galizischen Teppiche, ausschließlich kilimartig gewirkt (auch Kilimki
benannt), gehören eigentlich in den Bereich der Hansindustrie, in neuerer Zeit wurden
jedoch nicht ohne Erfolg Versuche gemacht, durch Verbesserung der primitiven Technik
und durch Veredlung des Ornamentes und des Farbenmusters diesem Hausgewerbe einen
mehr kunstindustriellen Werth und durch entsprechende Hebung und Regelung der
Produktion eine breitere mercantile Grundlage zu verleihen. Dieser Aufgabe unterzogen
sich vermögende Liebhaber, welche größere Webereien errichteten und diesen herunter-
gekommenen Zweig des heimatlichen Gewerbes sehr merklich gefördert haben, wie es z. B.
mit der Kilimfabrik des Herrn Ladislaus Fedorowiez in Okno der Fall ist. Die Ornamentik
dieser Teppiche kann nicht immer originell genannt werden, das monoton Typische aller
solchen, mit verarmten orientalischen Motiven decorirten Kilims, mögen sie aus der
Balkan-Halbinsel, aus Ungarn oder Bukowina kommen, haftet auch ihnen an, dennoch
kann ihnen ein gewisser decorativer Werth nicht abgesprochen werden, und unter den in
Okno erzeugten Exemplaren befinden sich viele, deren veredelte Zeichnung und vornehm
gestimmter Farbenton volles Lob verdienen.
Was hier von Teppichen gesagt wurde, gilt auch von einer anderen Textilspeeialität,
von Brocat- und Seidenstoffen, unter denen die als Wandtapeten gebrauchten Makaten
nnd die zum Nationaleostüm unentbehrlichen Gürtel den ersten Rang einnehmen. Die
sogenannten polnischen Makaten, seidene, mit discretem, gold- oder silbergewirktem
Ornament auf meisteutheils rothem Grunde decorirte Stoffe, welche einst in keinem
Edelhanse fehlen durften und selbst auf Reisen mitgenommen wurden, und von denen sehr
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch