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der Zarin in Besitz. Das Gleiche geschah dann auch in der Walachei nach dem Einzüge der
russischen Truppen in Bukarest. Im April 1770 huldigte eine Deputation beider Fürsten-
thümer in Petersburg der Kaiserin Katharina II. persönlich. Die Bevölkerung hatte sich
mit dem Gedanken vertraut gemacht, in Rußland den einzigen Befreier vom Türkenjoche zu
erblicken, nachdem die auf Österreich gerichteten Hoffnungen seit dem Passarowitzer Frieden
gescheitert waren.
Während der nun folgenden fünfjährigen russischen Occupation bis zum Frieden
von Kutschuk-Kainardschi (21. Juli 1774) errichteten die Russen eine Münzstätte in der
Bukowina, mit deren Leitung Peter Freiherr von Gartenberg-Sadagorski betraut ward.
Von den hier geprägten Kupfermünzen sind 15 Typen aus den Jahren 1771 bis 1774
bekannt. Sie führen neben dem russischen Wappen auch das vereinigte Wappen der Moldau
und Walachei oder nur letzteres allein mit russischer Umschrift. Die an dieser Münzstätte bei
Czernowitz entstandene Colonie von Handwerkern und Gewerbsleuten erhielt nach ihrem
Leiter den Namen Sadagöra .
Die aus der ehemaligen Schutzherrschaft der ungarischen Krone sich ergebenden
Ansprüche Österreichs ans die Moldau und Walachei, welche Schutzherrschast vorübergehend
auch das Haus Habsburg ausgeübt hatte, sowie das reale Interesse der Monarchie erfuhren
durch die russische Besetzung die empfindlichste Beeinträchtigung.
Nun trat an Österreich die Aufgabe heran, die seiner Interessensphäre und zugleich
seinen historischen Rechtsansprüchen entrückten Donanfürstenthümer vor dem Aufgehen im
russischen Reiche zu retten. Ihre Zurückstellung an die Pforte im Frieden von Kutschuk-
Kainardschi war vornehmlich ein Erfolg der österreichischen Politik.
Diese Verhältnisse führten zur Erwerbung der Bukowina. So fanden jene Ansprüche
mit dieser Gebietserweiterung ihren geschichtlichen Abschluß.
Die Besitzergreifung.
Zur Wahrung seines Besitzstandes sowohl als auch zur Aufrechterhaltung des
politischen Gleichgewichtes in Osteuropa hatte der Kaiserhof bald nach dem Ausbruche
des russisch-türkischen Krieges einen Militärcordon gegen die Moldau und die Walachei
gezogen und dabei beträchtliche Landstriche, die früher zu Siebenbürgen gehörten und diesem
Lande durch List oder Gewalt entrissen worden waren, in Besitz genommen. Zu demselben
Zwecke hatte er auch den Vertrag vom 6. Juli 1771 mit der Pforte abgeschlossen, worin
Österreich gegen das Versprechen, der Türkei eventuell mit Waffengewalt einen annehm-
baren Frieden zu verschaffen, die Abtretung der kleinen Walachei zugesagt worden war.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Volume 20
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bukowina
- Volume
- 20
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1899
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.14 x 21.77 cm
- Pages
- 546
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch