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Die große Ausdehnung des Graslandes wies die Bewohner auf die Viehzucht als
Hauptbeschäftigung hin. Man ließ jedoch dem Vieh nicht die geringste Pflege angedeihen.
Es blieb, da die Häuser weder mit Schuppen noch mit Stallungen versehen waren, zur
Sommers- und Winterszeit im Freien und somit allen Unbilden der Witterung preis-
gegeben. Noch weniger Sorgfalt wnrde auf den Ackerbau verwendet. Ohne vorher zu
düngen, pflegten Grundherren wie Bauern in unmittelbarer Nähe ihrer Wohnungen ihr
Maisfeld zu bestellen, soweit es der voraussichtliche Bedarf erheischte. Ebenso erzeugten sie
in primitivster Weise den zu ihren Kleidungsstücken nöthigen Flachs und Hanf. Daß auch
das Waldland einer Bewirthschaftung fähig und bedürftig sei, daran wurde nicht gedacht.
Jedermann entnahm seinen Holzbedarf der nächstgelegenen Waldung, und Grundherren
und Gemeinden brannten Forste nieder, um neue Weideplätze zu gewinnen. Von Industrie
war keine Spur vorhanden; fehlten doch selbst in den Städten die nothwendigsten
Handwerksleute, wie Schuster, Schneider, Wagner u. s. w. Die meisten verfertigten ihre
Kleidungsstücke und Geräthe selbst, und wer mehr Aufwand zu machen in der Lage war,
deckte seinen Bedarf von auswärts. Auch der Metallreichthum des Landes war unter
der moldauischen Regierung noch unbekannt. Man kannte nebst einigen Salzquellen nur
den Goldsand der Bistritza, mit dessen Auswaschung Zigeuner sich beschäftigten. Nur der
Handel war von einiger Bedeutung. Er wurde gewerbsmäßig von Juden und Armeniern
betrieben. Ausgeführt wurden Pferde, Rinder, Schafe, Häute, Wolle, Butter, Käse, Wachs
und Honig, eingeführt dagegen: Leder, Glas und Eisenwaaren. Zu bemerken ist hiebei,
daß die Einfuhr durch die Ausfuhr bei weitem übertroffen wurde, der Handel also
activ war.
Mit Ausnahme der seßhaften Zigeuner, der sogenannten Roby, war die gesammte
Bevölkerung völlig frei. Doch besaßen nur die Bewohner des Moldauisch-Kimpolnnger
Bezirkes und der Städte, die landesfürstlich waren, eigenen Grund und Boden;
die übrigen erhielten von den Grundherren, dem Adel und der höheren Geistlichkeit
(Bischöfen und Äbten), so viele Gründe, als sie zu ihrem Unterhalte brauchten. Für die
Nutznießung hatten sie von allen Erzeugnissen den Zehent zu geben, zwölf Tage im
Jahre zu frohnen, jährlich je eine Fuhre Holz zuzuführen und bei der Allsbesserung der
herrschaftlichen Gebäude Hilfteiche Hand zu leisten; sie mußten es jedoch ruhig geschehen
lassen, wenn man ihnen die urbar gemachten Gründe im kommenden Jahre gegen
schlechtere vertauschte.
Die Verwaltung des Landes hatte bis zn dessen Besitzergreifung durch Österreich
nur in der Einsammlung der Stenern und in der Pflege der Justiz bestanden. Die hierzu
verwendeten Personen bezogen keinen fixen Gehalt aus der Staatscasse, sondern waren auf
sogenannte Sporteln angewiesen. Dazu wurden die vornehmeren Ämter, das Starosten- und
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Volume 20
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bukowina
- Volume
- 20
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1899
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.14 x 21.77 cm
- Pages
- 546
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch