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das möglichste zu gewinnen." Schwerlich wird man mit der Annahme fehlgehen, daß diese
Worte des klugen Staatsmannes einen großen Einfluß auf den Kaiser ausübten, denn
mit Handschreiben vom 20. Mai 1781 brachte er eine von seinem bisherigen Jdeengange
abweichende, hochsinnige Entschließung zum Ausdrucke. Jetzt war von keiner Zerreißung
des Landes, von keiner Angliederung desselben an Galizien die Rede. Der Kaiser erklärte:
„Ich habe aus wichtigen Betrachtungen für gut befunden, den Bukowiner District derzeit
noch unter der weiteren Leitung des Hofkriegsrathes zu belassen". Er gab daher dem
Hofkriegsrathe den Auftrag, auf der Grundlage der bisher schier endlos dauernden
Berathungen ein Programm der in der Bukowina durchzuführenden Reformen endgiltig
zu entwerfen. Nachdem es mit höchster Raschheit schon am 24. Mai 1781 vollendet und
dann noch dem Staatsrathe zur letzten Begutachtung übergeben worden war, ertheilte der
Kaiser am 18. August dem Reformprogramme, das die Summe aller aus den überlangen
Berathungen gewonnenen Ergebnisse in sich schloß, seine Genehmigung. Der Hofkriegsrath
hat nun dasselbe in Form einer „Belehrung" dem Landesverweser der Bukowina,
Freiherrn von Enzenberg, am 21. August 1781 mit dem Auftrage übermittelt, diese
„Belehrung" bei der Durchführung der Reformen als unwandelbare Richtschnur zu
betrachten, und wie eine Fackel leuchtet diese Kundgebung den kommenden Ereignissen voran.
Die Reform auf dem Gebiete des griechisch-orientalischen Kirchenwesens hatte aber
schon früher begonnen, noch ehe die bahnbrechende „Belehrung" dem General Enzenberg
als Richtschnur in die Hände gelegt wurde. In Bezug auf die Kirchenpolitik in der
Bukowina schwebten der Centralregiernng als unverrückbare Ziele folgende drei Aufgaben
vor: Trennung der Bukowina von der moldauischen Erzdiöeese, Bildung einer eigenen
von Jassy ganz unabhängigen Diöcese, daher Erhebung des Radantzer Bischofs zum
Oberhaupte der griechisch-orientalischen Kirche in der Bukowina und Unter-
ordnung desselben unter einen in den österreichischen Staaten residirenden griechisch-
orientalischen Metropoliten, endlich die Errichtung eines Consistoriums in Czernowitz.
Niemand wäre weniger geneigt gewesen, die Durchführung dieser kirchenpolitischen
Pläne zu hindern, als der damalige Bischof von Radantz, Dositheu aus dem Hause
der Chereskul. Mehr als einmal hebt Enzenberg die hohe Einsicht, die Milde und
patriotische Gesinnung dieses Kirchenfürsten hervor; er rühmt seine Staatstreue, seine
Ergebenheit für das neue Herrscherhaus und seinen reinen kirchlichen Eifer. So darf es
nicht überraschen, daß die Kirchenpolitik der Centralregiernng in dem Bischof eine feste
Stütze fand. Die diplomatischen Unterhandlungen, die mit dem Metropoliten von Jassy
gepflogen wurden, führten im Frühlinge 1781 zum erwünschten Ziele. Am 24. April
(6. Mai neuen St.) stellte der Erzbifchof von Jassy die Urkunde aus, kraft deren er auf
seine Metropolitan-Jurisdiction über das Radautzer Bisthum verzichtete.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Volume 20
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bukowina
- Volume
- 20
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1899
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.14 x 21.77 cm
- Pages
- 546
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch