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Darüber kann kein Zweifel bestehen, daß die tonangebenden Gesellschaftskreise nur
mißmnthig die politische und wirthschaftliche Abhängigkeit ihres engeren Vaterlandes von
Galizien ertrugen. Gleichwohl wurden keine öffentlichen Kundgebungen des Strebens nach
Autonomie und Selbstständigkeit des Landes bemerkbar, siir die ja unter dem autokratischeu
Regierungssysteme jener Zeit bis zum Jahre 1848 kein Raum gegeben war. Das politische
Leben der Bukowina war überhaupt von 1817 bis 1848 ein träg-stilles, doch darf nicht
verkannt werden, daß auf dem Gebiete des cnltnrellen und materiellen Lebens einige
beachtenswerthe Fortschritte zu verzeichnen waren.
Im Jahre 1817 ergab sich für die Bukowina die ersehnte Gelegenheit, dem
Herrscherpaare ihre Huldigung darzubringen. Am 1. August dieses Jahres langten Kaiser
Franz und seine Gemalin Karoline in Czernowitz an, verweilten daselbst vier Tage,
besuchten die Kirchen, die öffentlichen Gebäude und die Schulen, machten Ausflüge nach
Bojan und Zaleszczyki und empfingen überall Beweise der Verehrung, die sich in
herzlichen Ovationen kundgab. Am 5. August verließen die beiden Majestäten die Stadt
und setzten die Rundreise durch den Süden des Landes nach Siebenbürgen fort.
Sechs Jahre später, im Jahre 1823, wurde der zweite Sohn des Kaisers, Erz-
herzog Franz Karl, vom Lande jubelnd begrüßt, als derselbe auf seiner Jnspections-
reise durch die nordöstlichen Länder der Monarchie den Boden der Bukowina betrat.
Der Erzherzog langte am 2. August 1823 in Czernowitz an, besichtigte am 3. August
die Contninazanstalt in Bojan, besuchte am 4. August die Kirchen und öffentlichen
Lehr- und Wohlfahrtsanstalten und reiste am 5. nach Jakobeny und Kirlibaba, um
die Werke der Montanindustrie in beiden Ortschaften zu inspiciren. Als Führer bei
Besichtigung der Berg- und Hüttenwerke gab ihm der Steiermärker Karl Manz das
Geleite, der Mann, der sich so große Verdienste um das Montanwesen in der Bukowina
erworben hat.
Im Herbste desselben Jahres (1823) lenkte das stille, weltvergessene Czernowitz die
Augen des Morgen- und Abendlandes auf sich. Ein Fürstencongreß von geschichtlicher
Bedeutung, die Zusammenkunft der Kaiser von Österreich und Rußland in
Czernowitz weckte diese Aufmerksamkeit. Am 4. October 1823 traf Kaiser Franz l. hier
ein, am 6. October, um 7 Uhr Abends, hielt Alexanderl . unter dem Donner der
Kanonen seinen Einzug in die Stadt, die den festlichsten Empfang bereitet hatte. Auch die
höchsten Würdenträger der Nachbarländer hatten sich hier eingefunden: Graf Taaffe,
Statthalter von Galizien, und die beiden commandirenden Generale von Galizien und
Siebenbürgen. Der Staatskanzler Fürst Metternich, für den in Czernowitz die Wohnung
schon bereit stand, mußte im letzten Augenblicke seine Reise nach Czernowitz wegen
Unwohlseins aufgeben und blieb in Lemberg zurück, wohin sich infolge dessen der russische
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Volume 20
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bukowina
- Volume
- 20
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1899
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.14 x 21.77 cm
- Pages
- 546
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch