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Neben dieser theologischen Lehranstalt erhebt die Gründung des ersten
Gymnasiums in der Bukowina Anspruch auf hohe Beachtung, Es sind dies in dieser
sterilen Zeit die einzigen Lichtpunkte auf dem Gebiete des Unterrichtswesens. Die erste
Anregung zur Gründung des Gymnasiums gab die kaiserliche Entschließung vom
5. August 1805, welche Kaiser Franz I. an den Oberstkanzler der böhmisch-österreichischen
Hofkanzlei gelangen ließ. In derselben sprach das Staatsoberhaupt aus, daß es nicht
gesonnen sei, „den Unterricht der Söhne des Bürgerstandes und aller derjenigen, die etwas
lernen wollen, in der Bukowina lediglich auf Lesen, Schreiben und Rechnen zu beschränken".
Bei dem schleppenden Gange aller Amtsgeschäfte jener Zeit kann es nicht befremden, daß drei
Jahre bis zur Erfüllung der kaiserlichen Anordnung verflossen. Erst am 16. December 1808
erfolgte die Eröffnung des Gymnasiums in Ezernowitz mit der ersten Grammatikalclasse,
die 24 Schüler zählte. Im folgenden Jahre erließ die Eentralregierung die Anordnung,
daß das Gymnasium aus fünf Classen zu bestehen habe, denen sich im Sinne der damaligen
Studienordnung die zwei philosophischen Jahrgänge anschließen sollten, welche die
Mittelstufe zwischen Gymnasium und Hochschule zu bilden berufen waren. Doch erst im
Schuljahre 1812/13 hatte das Gymuasium in Ezernowitz seine Vollständigkeit erreicht,
das heißt, es besaß die fünf Classen. Das Jahr 1814 ist für die Entwicklung dieser Mittel-
schule denkwürdig geworden durch die Errichtung der philosophischen Lehranstalt und den
Beginn eines eigenen Gymnasialbaues, der bei den vielen Hemmnissen und Wider-
wärtigkeiten, die sich der Bauausführung entgegenstemmten, erst nach zehn Jahren (1824)
seine Vollendung erhielt. Die Frequenz war in steter erfreulicher Steigerung begriffen.
Die Anstalt zählte im Jahre 1816 nur 86, dagegen schon im Jahre 1818 145 und im
Jahre 1824 360 Schüler. Als nach den Stürmen des Jahres 1848 die Reform auf
dem Gebiete des Unterrichtswesens begann und die neue Studienordnung in's Leben trat,
hob man die beiden philosophischen Jahrgänge auf und schuf das achtelassige Gymnasium.
Auch auf dein Gebiete der materiellen Cultur blieben die Erfolge weit hinter den
Erwartungen zurück, die man nach den verheißungsvollen Anfängen in der Zeit der
Militärverwaltung hegen durfte. Doch darf nicht verkannt werden, daß wenigstens in den
Städten die Bauthätigkeit eine Förderung erfahren hat und damit die Hebung einzelner
Gewerbe und die Steigerung der städtischen Grundwerthe verbunden war; insbesondere
in der Landeshauptstadt ist dies der Fall gewesen. Um die Bürger zum Häuserbau aus
hartem Material zu veranlassen, gewährte ein Regierungserlaß vom 7. März 1788 den
Erbauern steinerner Häuser eine dreißigjährige Befreiung von allen landesfürstlichen
Steuern und zehnjährige Befreiung vom städtischen Grundzinse. Dadurch wurde wirklich
die Baulust geweckt, und der gewünschte Zweck, die Holzbauten zu verdrängen und
steinerne Häuser an ihre Stelle zu setzen, erreicht. Eine Reihe öffentlicher Gebäude in der
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Volume 20
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bukowina
- Volume
- 20
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1899
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.14 x 21.77 cm
- Pages
- 546
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch