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Von 1848 bis zur Gegenwart . — Die Märztage des Jahres 1848 riefen auch
in diesem Lande eine «nächtige Bewegung der Geister hervor.
Abgesehen von einigen tumultnarischen Scenen in der Landeshauptstadt, die ihren
Ursprung in dem jugendlichen Übermuthe gegen mißliebige Amtspersonen zn snchen haben
und jeder politischen Bedeutung entbehrten, ist eine ernste Störung der öffentlichen Ruhe
und Ordnung im Lande nirgends vorgekommen. Dagegen kam ein Gefühl, das in der Liebe
zur engeren Heimat seine Quelle hatte, mächtig zur Geltung, ein Gefühl, das lange
zurückgedrängt und nur durch die Ungunst der Zeiten an seiner Bethätigung behindert
worden war, die tiesgewurzelte Abneigung gegen die politische Abhängigkeit von Galizien.
An der Spitze dieser Bewegung stand Endoxins von Hnrmnzaki, ein Mann,
der den vollen Beruf zur Führung der Patriotenpartei besaß. Hnrmnzaki (geboren 1812,
gestorben 1874) entstammte einem alten moldauischen Bojarengeschlechte und hatte seine
Geburtsstätte im Herrenhause von Czernawka bei Czernowitz. Trefflich erzogen, durch
den sorgfältigsten Unterricht im Elternhause vorbereitet, bezog er 1822 das Gymnasium
in Czernowitz, nach dessen Absolvirnng er sich an der Hochschule in Wien philosophischen
nnd juridischen Studien widmete. In regem wissenschaftlichem Eifer für historische
Forschungen und im Umgange mit gleichgefinnten jungen Männern hatte dort sein Dasein
die entscheidende Richtung genommen. Beide Arten derselben hatten die gleiche Quelle in
der Liebe zu seinem Volke und seiner Heimat. Seine wissenschaftliche Thätigkeit war von
da an der Erforschung der Vergangenheit seines Volkes und Landes zugewandt und das
starke Heimatsgefühl drängte ihn, seinem Lande der politische Führer zu werden.
Die Märzereignisse des Jahres 1848 lockten ihn wieder nach Wien, wo er regen
Antheil am öffentlichen Leben nahm und sich auch für kurze Zeit in die dortige National-
garde einreihen ließ. Aber noch im Sommer dieses Jahres eilte er, seiner inneren
Stimme folgend, nach der Heimat, um dort den vaterländischen Interessen zu dienen.
Und sogleich — den Stimmungen der Patriotenpartei entsprechend — schrieb er als Ziel
seines politischen Strebens auf seine Fahne: Unabhängigkeit des Landes von Galizien,
Autonomie und selbständige Stellung der Bukowina als eines Kronlandes im Verbände
der Habsburgischen Monarchie. Für diese Idee wirkte er mit gleicher Wärme, mit gleicher
Unerschrockenheit sein ganzes Leben hindurch. Mit der heißen Liebe znm engeren Vaterlande
hat er aber stets die aufrichtigste Hingebung an das Reich nnd dessen Interessen, sowie
unerschütterliche Treue zum Herrscherhause harmonisch verbunden. Er war seines rumänischen
Volkes Stolz und Zierde, aber er war mehr, rückhaltslos ist er allenthalben als einer der
edelsten Söhne seines Vaterlandes anerkannt worden.
Es ist kein Zweifel, daß E. Hnrmnzaki der Verfasser jener bedentnngsvollen Petition
war, die, mit zahlreichen Unterschriften der Patrioten versehen, im Juni 1848 an den
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Volume 20
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bukowina
- Volume
- 20
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1899
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.14 x 21.77 cm
- Pages
- 546
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch