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diese älteste Mittelschule des Landes, welche an einer die Lehrziele störenden Überfüllung
litt und unter allen Gymnasien Österreichs die stärkste Frequenzziffer aufwies, zu entlasten,
wurde am 1. September 1896 ein neues Staats-Untergymnasinm in Czernowitz eröffnet.
In Bezug auf das Volksschulwesen kann nicht geleugnet werden, daß die Entwicklung
desselben in der Bukowina nicht gleichen Schritt mit den anderen, westlichen Kronländern
gehalten hat. Aber die Segnungen des Reichsvolksschulgesetzes vom Jahre 1869 kommen
auch hier zur Geltung und ist seit diesem Zeitpunkte ein erfreulicher Aufschwung wahr-
zunehmen. Die Zahl der öffentlichen allgemeinen Volksschulen ist seit dem Jahre 1850
in der Bukowina von 50 auf 327 (im Jahre 1896) gewachsen, hat sich also nahezu
versiebenfacht. Der Aufschwung ging nur langsam vor sich und ist die Steigerung erst seit
dem Erscheinen des Reichsvolksschulgesetzes eine bedeutendere. Auch in Bezug auf das
lange Zeit hindurch beklagenswerthe Mißverhältniß zwischen schulpflichtigen uud schul-
besuchenden Kindern ist eine tröstliche Besserung eingetreten. Während noch im
Jahre 1885 von 74.696 schulpflichtigen Kindern nnr 27.346 die Schule besuchten, war
im Jahre 1896 der Procentsatz der Schulbesuchenden auf 67 gestiegen.
Die opferwillige Schulfreundlichkeit der Stadtgemeinde von Czernowitz darf hier
nicht unerwähnt bleiben. Die Stadt zählt gegenwärtig 11 öffentliche eommnnale Schulen,
während zwei in der Errichtung begriffen sind. Vor 25 Jahren sind die wenigen Schulen
zumeist in gemietheten Localitäten untergebracht gewesen; seit dieser Zeit hat die Stadt-
verwaltung nicht weniger als zehn neue Schulgebäude mit einem ihr Budget schwer
belastenden Kostenaufwande erbauen lassen. Diese rasche Ausdehnung des Volksschul-
wesens entspricht völlig dem Aufschwünge und der Blüte der Landeshauptstadt.
Das „Städtel", wie Czernowitz zur Zeit der Occupatio» des Landes in amtlichen Tabellen
genannt wird, erwuchs in kaum mehr als einem Jahrhundert zu einer Stadt, die heute
erfüllt ist mit einer langen Reihe der schönsten und stattlichsten Gebäude, eine Bevölkerung
von nahezu 60.000 Seelen anfweist und 5041 Häuser zählt, einer Stadt, welche die
edle Heimstätte zahlreicher Bildungsanstalten ist, in jüngster Zeit besonders gehoben durch
die Schöpfung der großen Assaniruugswerke, der Wasserleitung und Canalisirung, sowie
durch die Einführung der elektrischen Stadtbeleuchtung und Straßenbahn, welche Werke
die Stadtverwaltung in ihrer Sorge für die Wohlfahrt der Bürger mit dem Kostenauf-
wande einer Million ins Leben rief.
Unter den stattlichen und schönen Neubauten der letzten Decennieu ragt unstreitig
als der bedeutendste das griechisch-orientalische Residenzgebäude, das im Jahre
1864 an Stelle des verfallenden alten Bischofshauses zu bauen begonnen wurde.
Dieser stolze Prachtbau in byzantinischem Stile ist die glänzende Heimstätte der griechisch-
orientalischen Kirchenfürsten, die auf Grund der Allerhöchsten Entschließungen Seiner
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Volume 20
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bukowina
- Volume
- 20
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1899
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.14 x 21.77 cm
- Pages
- 546
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch