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Es gibt aber auch Vorzeichen (ckobri oder ?1i snake), aus denen man das Künftige
erfahren kann. Die Zahl dieser Vorzeichen, auf welche besonders alte Leute sehr achten,
ist eine bedeutende.
Hier einige Beispiele: Wenn eine Fliege in die Milch fällt, so hat mau ein Geschenk zu
erwarten. Begegnet man Jemandem, der leere Kannen trägt, so gilt dies als schlechtes
Vorzeichen; volle Kannen bedeuten Glück. Wer einem Juden begegnet, dem wird es auf
seinem Gange gut ergehen; wer hingegen einem Priester begegnet, dem wird es schlecht
ergehen, und um dies abzuwenden, müsse man dem Priester insgeheim einen Stein oder
Stroh nachwerfen. Am Montage darf kein Geld gewechselt werden, weil man sonst die
ganze Woche hindurch nur Ausgaben machen müßte. Wer am Freitag lacht, muß am
Sonntag weinen und umgekehrt. Wenn Jemandem der Frost durch Mark und Bein geht
(inoro? tiloin icke), so steht ein Unglück oder Krankheit bevor. Läuft einem Reisenden ein
Hase quer über den Weg, so darf er keinen Erfolg erhoffen u. f. w.
Heilkunst (like, xnaekärstvo). Wiewohl der Bnkowiner Rnthene sich stets einer
rüstigen Gesundheit erfreut, so wird derselbe doch auch von Krankheiten nicht verschont.
Dagegen wenden nun arzneikundige Männer und Weiber im Dorfe Mittel an, deren
Mehrzahl wohl mehr durch den starken Glauben, den der Kranke auf dieselben setzt, als
durch eigenthümliche Heilkraft wirkt. Gewisse Kräuter, Wurzeln oder Blüten bei Regen-
wetter, im Frühjahr nach der Schneeschmelze, bei Neumond oder in der Nacht vor gewissen
Feiertagen eingesammelt, bilden, verbunden mit gewissen Formeln und Bräuchen, Volks-
arzneimittel, denen der Landbewohner eine untrügliche Kraft zuschreibt. Doch ist es schwer,
diese Sprüche und Formeln von den Heilkundigen zu erfahren, denn sie werden in den
einzelnen Familien stets mit größter Sorgfalt geheimgehalten und vom Vater auf den
Sohn vererbt. Nach dem Volksglauben besitzt der Letztgeborene (inizMok) eines Ehepaares
ganz besondere Fähigkeiten, ein Heilkundiger zu werden. Doch können nicht nur Männer,
sondern auch Weiber heilkundig sein, welche dann stets ein Mittelchen gegen die Krankheiten
von Menschen und Thieren vorräthig haben und sich in ihrer Gegend eines ganz besonderen
Ansehens erfreuen. Im Folgenden wollen wir nun aus der großen Menge der Volksarzneien
wenigstens die gebräuchlichsten aufzählen:
Gegen das Erschrecken (wi<Z straekü) wird durch drei Tage vor Sonnenaufgang
nachfolgender Spruch über dem Kranken, welcher ein Messer im Munde hält, reeitirt:
„Ich ging durch den Hain,
Traf da eine wilde Kuh.
Da fing ich an um Hilfe zu rufen,
Da fing ich an zu schreien,
Zur heiligen Jungfrau zu flehen: Allerheiligste Jungfrau
Erhöre mein Flehen.
Begann zu erfragen
„„Womit ist dir zu helfen?""
Im Namen des Vaters und Sohnes
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Volume 20
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bukowina
- Volume
- 20
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1899
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.14 x 21.77 cm
- Pages
- 546
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch