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Viehzucht oder suchen als Maurer und Zimmerleute in der Bukowina sowie in Rumänien
Verdienst; die Sachsen und Zipser dagegen leben, seit in den meisten Werken die Arbeit
eingestellt ist, theils vom Fuhrwerk, theils von der Flößerei. Den sichersten Erwerb haben
jene Colonisten, welche in der Nähe der Städte und Märkte wohnen, weil sie diese fast
ausschließend mit den Erzeugnissen ihrer Wirthschaft zu verproviautiren Pflegen. Nach
Czernowitz kann man jeden Morgen ganze Karawanen von „Schwäbinnen", die vollen
Milch- und Gemüsekörbe auf den Köpfen, leichtere Dinge in den Händen tragend, trotz
Regen und Stnrm, trotz Glatteis und Schneeverwehungen ziehen sehen.
Obschon von ihrer ursprünglichen Heimat weit entfernt und inmitten einer anders-
gläubigen und fremdsprachigen Bevölkerung lebend, haben die Bnkowiner Deutschen
dennoch ihren Charakter treu bewahrt. Sie sind wahr und offen, gutmüthig und teil-
nahmsvoll geblieben und kennen weder Unduldsamkeit noch Nationalitätenhaß. Ihrem
friedlichen, ja freundschaftlichen Verkehr mit den Nachbarn kommt auch der Umstand sehr
zu statten, daß sie frühzeitig beflissen waren, sich die verschiedenartigen Idiome des
Landes eigen zu machen. Leider hat der häufige Gebrauch mehrerer fremden Sprachen die
üble Folge, daß in ihre eigene Sprache, die unter dem Einflüsse von Schule, Kirche und
Verwaltung das Dialektmäßige abstreift und sich nicht mehr allzusehr von der Schrift-
sprache unterscheidet, immer mehr fremdartige Ausdrücke und Formen eindringen.
Die Landbevölkerung ist im allgemeinen ziemlich gleich gekleidet. Nur bei den
Zipseru macht sich, und zwar auch nur an Werktagen eine Besonderheit bemerkbar. Diese
tragen, während der Schwabe und Deutschböhme mit Mütze, Speuser, breiten Zeughosen
und Röhrenstiefeln angethan, seiner Beschäftigung nachgeht, runde schmalkrämpige Filz-
hüte, enganliegende, oben durch einen Gurt zusammengehaltene grauweiße Wollhosen
und Opintschen. Die Sonntagstracht besteht überall in einer schwarzen oder dunkel-
blauen Tuchjacke, in einem Beinkleid aus grauem Tuch, iu einer Weste aus Halbseide
und einer schwarztnchenen Kappe. Im Winter tritt an die Stelle der Kappe eine
runde schildlose Pelzmütze, an Stelle des Spenfers ein dunkelgrauer Pelz von mittlerer
Länge. Die Mädchen und Frauen tragen im Sommer kurze, faltenreiche dunkelblaue
oder rothe, stets getupfte Perkalkleider. Der Kopf ist entweder (nur bei den Mädchen)
bloß oder mit einem geblümten Tuch bedeckt, das rückwärts in zwei ansehnlichen Maschen
endigt. Im Winter greift wie bei dem männlichen Geschlechte der Wollstoff platz. Zum
guten Tone gehört, daß der junge Bursche am Sonntage die Spitzen eines buntfarbigen
Tuches aus den Taschen niederhängen, das Mädchen einen Blumenstrauß in den Händen
sehen läßt.
Der Deutsche der Bukowina ist keineswegs vergnügungssüchtig; aber er hat doch
seine Freuden und Zerstreuungen, denen er sich mindestens an Sonn- und Feiertagen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Volume 20
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bukowina
- Volume
- 20
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1899
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.14 x 21.77 cm
- Pages
- 546
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch