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In der Bukowina tritt noch als besonderer Umstand das nahe Beisainmenwohnen der
verschiedenen Völker hinzu, welche gegenseitig von einander lernen. So findet man
beispielsweise in den völlig zusammenhängenden Orten Fratantz und Andrässalva
deutsche, rumänische und ungarische Gehöfte, in nächster Nähe dieser Dörfer aber, in
Klimontz und k'antana alba, Lippowaner Bauernhäuser; ähnlich ist es bei den nahe neben-
einander liegenden Orten Deutsch- und Rnmänisch-Badentz und der ältesten hiesigen
Szekler Ausiedlung, Jsteusegits, der Fall, während das mit Badeutz verbundene Ober-
Milleszoutz zum größten Theile von Rnthenen bewohnt wird. Gewisse, aus alter Zeit
stammende, bei Errichtung einer neuen Wohnstätte geübte Gebräuche haben sich bis heute,
sowohl bei den einheimischen, als bei dxn eingewanderten Völkern erhalten; hie und da
gründen sie sich, wie z. B. bei den Huzulen, auf Aberglauben.
Das Wohnhaus des hiesigen Großgrundbesitzers, selten stockhoch, ist im Allgemeinen
klein und oft noch aus Holz erbaut; nur wenige Herrensitze, wie z. B. jener in Budenitz,
zeigen schlößchenartigen Charakter. Stall- und Wirthschaftsgebäude sind auf Privat-,
sowie auch auf Staatsdomänen fast immer auf's einfachste ausgeführt; in jeder Beziehung
mustergiltig sind diesfalls die Bauten auf den Gütern des griechisch-orientalischen
Religionsfonds. Einfach sind anch die Wohnhäuser der Ortspfarreien und die Gebäude
der gewöhnlich init ihnen verbundenen Ökonomien.
Zur Zeit der Occupatio» der Bukowina befanden sich die einzelnen, an den Straßen
liegenden Gasthäuser in demselben elenden Zustande, wie die Straßen selbst; oft waren es
bloße Erdhütten, in denen kanm etwas anderes als Branntwein verabreicht wurde. Bald
entstanden Kunststraßen im Lande, die wesentlich zur Hebung des Verkehrs beitrugen, und
in der Folge auch große entsprechende Einkehrhäuser. Im Grundriß rechteckig, besitzen die
meisten dieser letzteren den Schmalseiten vorgebaute, kräftige Säulenstellungen und Giebel.
Der Länge nach führt durch das Gebäude eine breite Einfahrt, an welcher sich vorne beider-
seitig Fremden- und Wirthszimmer mit den Nebenräumen, rückwärts aber Pferdestände
und dergleichen anschließen. Nach Eröffnung der Bahnlinie Lemberg-Jassy haben die
Reichsstraßen und mit ihnen auch die imposanten Einkehrhäuser an denselben an Bedeutung
wesentlich eingebüßt.
Die Hausindustrie.
Wohl in keiner der Provinzen unseres weiten Vaterlandes ist die Hansindustrie so
sehr Gemeingut der gesammten Bevölkerung wie in der östlichsten derselben, der Bukowina.
Wohin auch immer man seine Schritte lenken mag, ob nach dem äußersten Norden, da
wo der Dniestr seine trägen Fluten dahinwälzt, oder nach dem tiefsten Süden des Landes,
wo der goldenen Bistritza und Dorna herrlich grüne Wasser munter zu Thale laufen, ob
Bukowina. 23
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Volume 20
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bukowina
- Volume
- 20
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1899
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.14 x 21.77 cm
- Pages
- 546
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch