Page - 516 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bukowina, Volume 20
Image of the Page - 516 -
Text of the Page - 516 -
516
Der große geschäftliche Verkehr spielte sich zwischen den Sitzen der Wojwoden und
den wenigen größeren Ortschaften ab, woselbst auch bereits einzelne Gewerbe, und zwar
zumeist von deutschen und polnischen Handwerkern betrieben, vertreten waren. Das
Gewerbe der Goldschmiede, ferner jenes der Kesselschmiede wurde von Zigeunern aus-
geübt. Recht verbreitet war die Müllerei und in den alten Urkunden wird oft bestehender
Mahlmühlen, auch einzelner Tuchwalken Erwähnung gethan. Durch die aus dem König-
reiche Polen schon im XIV. Jahrhundert in die Bukowina eingewanderten Juden wurde
auch die Branntweinbrennerei — allerdings nicht zum Heile der Bevölkerung —
eingeführt.
Die Landbewohner standen wohl durchwegs noch auf recht tiefer Stufe und
erzeugten ihren bescheidenen Bedarf an Kleidung und sonstigen Gebranchsgegenständen
selbst. Häufige Kriege, von denen die Moldan nach dem Tode des Wojwoden Alexander
heimgesucht wurde, ließen jedoch die mühsam gepflegten Keime der volkswirtschaftlichen
Entwicklung nicht gedeihen. In den dritthalb Jahrhunderten der türkischen Oberherrschaft
gingen die meisten Errungenschaften wirthschaftlicher Cultur bis auf unbedeutende Reste
verloren. Die ehemals blühenden Städte sanken wieder zu elenden Dörfern herab. Die
Bevölkerung, von den Fürsten und deren Starosten durch alle möglichen Stenern aus-
gesogen, vernachlässigte den Ackerbau, beschränkte sich auf die zu ihrem Lebensunterhalte
nöthige, nomadenartig betriebene Viehzucht und verwilderte gänzlich. In den drei oder
vier „Städten" waren alle Spuren ehemaligen Wohlstandes verschwunden. Nur die
Juden und Armenier trieben noch einen ganz unbedeutenden Handel, indem sie Vieh,
rohe Häute, Uuschlitt und sonstige thierische Produkte nach Breslau, Galizieu und
Constantinopel ausführten und dagegen den geringen Bedarf der Bojaren und Edelleute
herbeischafften: Pelzwerk aus Rußland, Leder aus Galizieu, Eisenartikel aus der Türkei,
Ungarn und Steiermark, Glas aus Galizieu, Waffen und Kupfergeschirr, dessen sich
die Edelleute und die Geistlichkeit statt des Silbers bedienten, aus der Türkei, Kleidungs-
stoffe aus Frankfurt und Leipzig. Industrien waren bis auf einige elende Getreidemühlen
keine mehr vorhanden. Auch nicht eine einzige Sägemühle befand sich in dem waldreichen
Lande und die Bretter mußten mit größter Mühe aus den Baumstämmen gehauen werden.
Das städtische Handwerk war verschwunden. Von vielen Dörfern waren nur Trümmer
und verfallene Brandstätten geblieben; die Commnnicationen wurden vernachlässigt, die
alten Handelsstraßen verfielen. In den Wäldern hausten Räuber und Wölfe und weite
Sümpfe und Moräste machten die Gegenden unwegsam. Als im Jahre 1762 der englische
Gesandte Porter das Land passirte, blieb zwischen Gnra-Molnitza und Ezernowitz dessen
Kutsche im Gerölle eines stark angeschwollenen Wildbaches stecken und mußten aus den
nächsten Ortschaften Ochsen herbeigeschafft werden, damit er die Reise fortsetzen könne.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Volume 20
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bukowina
- Volume
- 20
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1899
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.14 x 21.77 cm
- Pages
- 546
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch