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Marmorbruche; dann Hidveg-Ardo und weiter unten an der Comitatsgrenze Szöllös-
Ardö, mit einer alten gothischen, mauerumgebenen Kirche der Reformirten. Nordwestlich
von hier, an der Comitatsgrenze, liegt im Thale des Jösva-Baches das DorfJösvafö,
mit der periodischen Quelle Lofö (— Pferdekopf), von der das Volk fabelt, daß da einst
ein pferdeköpfiger Drache gehaust und alles Wasser der Gegend eingeschlürft habe. Einst
aber sei ein Pilger dahin gekommen und ersucht worden, ein neugeborenes Kind zu taufen,
wozu es ihm aber an Wasser gefehlt. Da habe er den Drachen verflucht, dessen Höhle
auch sofort über ihn eingestürzt sei. Seitdem müsse der Drache unter dem Drucke der
großen Last nach und nach alles verschluckte Wasser von sich geben, schlürfe es aber immer
wieder hinab, so lange es gehen will. Diese Volkssage hat in Michael Tompa einen
trefflichen poetischen Bearbeiter gefunden. Nordöstlich von Jösvafö, in einem hübschen
Seitenthal? der Bödva, ragt oberhalb des Dorfes Szögliget auf hohem Felskegel die
Ruine Szadvär empor, einst eine schöne und starke Burg des vor Zeiten mächtigen
Hauses Bebek. Oberhalb von Szögliget erblickt man an einer Bergflanke im Dorfe Torna-
Nadaska ein groß angelegtes und glänzend eingerichtetes Schloß, dessen Besitzer, Graf
Johann Hadik, eine große Gärtnerei unterhält. In dieser Gegend spitzt sich das östliche
Ende des Kalkgebirges keilförmig zu. Biegt man um die Schneide dieses Keiles, so hat
man links das schöne Thal des Tornabaches vor sich, beiderseits von steilen, zum Theil
bewaldeten Bergwänden begrenzt, während in seinem Hintergrunde gegen Westen das
Plateau von Szilicze aufragt.
In diesem Thale liegt, den nackten Kalkwänden des steilen Felsöhegy zu Füßen, die
Großgemeinde Görgö. Als König Bila lV. sich aus der Schlacht am Sajö geflüchtet
hatte, soll er längere Zeit in dieser Ortschaft geweilt und alle Bewohner geadelt haben.
Es sind da mancherlei Erinnerungen an ihn erhalten. In der Gemarkung des Ortes wird
Kalktuff gebrochen und auch eine warme Quelle ist vorhanden. Im Nachbardorfe Miheß
sollen sich die Bienenstände der Hofdienerschaft Bölas I V. befunden haben. Nordöstlich
von hier liegen zwei hervorragende Naturschönheiten, die einander benachbarten, parallel
von Nord nach Süd laufenden Bergschluchten (Klammen) von Szädelö und Äj, deren
wildromantische Details den Beschauer mit Staunen erfüllen. Das SzädelöerThal ,
das diesen Namen nach dem vor seiner Mündung liegenden Dorfe Szädelö führt, ist eine
herrliche, vier Kilometer lange Bergspalte, auf deren tiefem Grunde das Bächlein Szär
dahinlänft und noch knapp für einen Fußpfad neben sich Raum läßt. Das Volk
erzählt über die Entstehung dieses Thales die Legende, daß einst König Ladislaus der
Heilige auf der Flucht vor den Heiden, und von seinen Verfolgern beinahe schon erreicht,
gerettet worden sei, indem hinter dem königlichen Reiter der Berg sich plötzlich bis auf den
Grund gespalten habe, so daß die Heiden alle im Abgrunde zerschellten. Die geologischen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (6), Volume 21
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (6)
- Volume
- 21
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1900
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.25 x 21.79 cm
- Pages
- 500
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch