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Abgaben zu befreien. Sie zahlten in naturs, aber es blieb ihnen noch genug; und wenn
sie keine Ernte hatten, wurden sie von ihren Grundherren mit Kornfrüchten versehen. Von
den herrschaftlichen Beamten freilich wurden sie ohne Zweifel geplagt, und daher kommt
es, daß dieses Volk sich noch jetzt durch allerlei Schlauheiten selbst den mäßigsten
Anforderungen der Behörden zu entziehen sucht, wobei man freilich seinen naiven Kniffen
anmerkt, daß Durchtriebenheit nicht seine Natur ist; jene Grnndherren wußten übrigens
ganz gut, daß die Verarmung ihrer Hörigen auch ihr eigener Schaden war, nnd ermähnen
daher in ihren amtlichen Anweisungen ihre Oberbeamten mit Strenge, die „Armuth" nicht
zu schinden. Und der Rnthene, der auch jetzt jedem dankbar und treu ist, bei dem er Wohl-
wollen merkt, blieb auch seinem Grundherrn allezeit treu. Die ruthenischen Hörigen der
Domäne Munkacs bewiesen ihren Herren, den Räköczi, eine beispiellose Anhänglichkeit.
Franz Räköczi II. selbst nennt sie in seinen Denkwürdigkeiten sein „getreues russisches
Volk". Auch ließ die Kammer im Jahre 1720 für diese Anhänglichkeit mehrere Hörige
aus Vereezke zu Tode prügeln und die Kraßni-Broder (Zempliner Comitat) in enges
Gewahrsam legen, allein weder Pein noch Zeit vermochte bei ihnen das Andenken ihres
Herrn auszurotten, den sie wie einen Vater liebten.
Außer dem Grundherrn zahlten sie anch dem Staate Abgaben. Diese wurden von
Zeit zu Zeit durch den Reichstag bewilligt und, mit Ausnahme der Geistlichen, von
Allen, selbst von den Kenezen bezahlt. Nur von dem Zehent für die hohe Geistlichkeit des
lateinischen Ritus waren sie von Anfang an, gleich den Raizen und Walachen, befreit. Da
der Staat im XVI. Jahrhundert aus der Pacht dieser Zehnten einen nicht geringen Nutzen
zog, gaben sich die Könige Ferdinand I. und Maximilian alle Mühe, von den Ständen die
Verpflichtung der Ruthenen zur Zahlung dieses Zehnten zu erlangen, jedoch vergebens.
Indem das Gesetz dem römisch-katholischen Hochclerus nicht erlaubte, von der
ruthenischen und sonstigen nichtkatholischen Bevölkerung deu Zehent zu erheben, den diese
ja ihrer eigenen Geistlichkeit zu zahlen hätten, gestattete es ihnen offen genug, sich ihre
eigenen Geistlichen zu halten. Die Ruthenen hatten bei ihrer Niederlassung in Ungarn
schon der orientalischen Kirche und der griechischen, beziehungsweise slavischen Liturgie
angehört, und sind dieser von ihren Vätern ererbten Kirchenform bis auf den heutigen
Tag treu geblieben. Alles in Allem änderten sie sie insofern, daß sie im Jahre 1648
nnter Aufrechterhaltung ihrer Liturgie sich mit der römisch-katholischen Kirche vereinigten.
Übrigens waren sie seit Beginn des XV. Jahrhunderts den Äbten der auf dem Csernek-
berge zu Munkacs und im Dorfe Körtvelyes (Maramaros) erbauten Basilianerklöster
untergeben. Mit der Zeit wuchs der Abt von Mnnkäcs über den von Körtvölyes hinaus
und begann eine bischöfliche Jurisdiktion über alle Ruthenen in Ungarn auszuüben.
Nach Annahme der Union wußten es die Bischöfe Josef de Camillis, Georg Bizanczy,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (6), Volume 21
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (6)
- Volume
- 21
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1900
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.25 x 21.79 cm
- Pages
- 500
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch