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Das Bergland selbst besteht aus lauter mehr oder weniger hohen, runden,
waldigen Bergketten, die alle in derselben Richtung parallel zu einander laufen und
unter sich durch schöne, stille, znm größten Theile ganz unbewohnte Waldthäler
getrennt sind.
Am Ende des Latorcza-Thales sieht man stets die hohe, unbewaldete Gebirgskette,
die eigentliche Wasserscheide zwischen Galizien und Ungarn.
Nach einstündiger Fahrt bogen wir in ein reizendes Seitenthal ab; ein kleiner Bach
plätscherte fröhlich zwischen den halbnmeisten Rändern, einzelne elende Bauernhütten
bildeten die letzten Stationen menschlicher Cultur; dichte, hochstämmige Buchenwälder
reichen tief in das Thal herab, und schöne, steilaufsteigende Berge bekränzen
das Bild.
Eine große Ähnlichkeit fand ich zwischen dieser Gegend und manchen Theilen des
Wienerwaldes, eine noch größere zwischen ihr und den herrlichen Waldgebirgen der
slavonischen Fruska-Gora.
Eine halbe Stunde mochten wir wohl schon im Thale gefahren sein, als wir
unsere Schlitten verließen; der Weg, wenn man ihn so nennen darf, hörte auf, und nach-
dem wir den Bach auf einem einzelnen Baumstamm, der lebhaft an den Schwebebaum
der Turnschulen erinnerte, übersetzt hatten, mußten wir in breiten, aber Gottlob niederen,
von kleinen, halbansgehnngerten Ochsen gezogenen Schlitten Platz nehmen. Über Wiesen
und durch Gräben, über Stock und Stein zogen uns die braven Wiederkäuer in ihrem
gemächlichen Schritte. An diesem Punkte war der Rand der Wälder ein gutes
Stück entfernt von der Thalsohle, so daß wir wohl eine halbe Stunde hindurch
uns elendiglich mußten hernmschütteln lassen. Noch ganz oben am Waldsaume eine
rnßniakische Bauernhütte, ein kläffender Wolfshund und halbnackte Kinder; dann war es
mit der letzten Spur menschlicher Thätigkeit zu Ende und wir traten in den herrlichen,
großartigen Dom eines hochstämmigen Buchenwaldes ein. Der Schnee hing dicht
an den Ästen der Bäume, auf den Gebüschen des Unterwuchses und auf all den Steinen
und umgefallenen Baumstämmen, die den Boden bedeckten.
Einzelne alte Eichen nnd weiße Birken zierten den dunklen Wald.
Wir gingen an der Lehne gegen den Gebirgskamm empor. Noch ehe wir oben
ankamen, bogen wir an einer kleinen Lichtung ab, und nun wurden die Schützen am
Rande eines Grabens, oder besser gesagt, eines kleinen Thales angestellt. Der Wald
war an dieser Stelle licht und ohne Unterwuchs, freie Aussicht gewährend.
Es war ein herrlicher Wintertag, der tiefblaue Himmel wolkenlos über uns
ausgespannt, und die fleißig den Schnee schmelzende Sonne erinnerte an schöne Frühlings-
stunden. Doch andere Gedanken beschäftigten mich, als ich nach fast achtnndvierzigstündiger
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (6), Volume 21
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (6)
- Volume
- 21
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1900
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.25 x 21.79 cm
- Pages
- 500
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch