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mächtig und reich geworden, da kam er heim — eine typische, immer wiederkehrende
Erscheinung von Vaterlandsliebe bei den Bosniern. Auf dem Felde, auf dem er seine arme
Mutter erblickte, die von der Freude des Wiedersehens getödtet wurde, setzte er sich in der
Moschee ein schönes Denkmal. Die Äcker ringsum sind geblieben, wie sie waren.
Fast scheint es ein Traum, daß Foca ein bedeutender Handelsort gewesen. Gegen-
über der Aladza-Moschee, auf dem hohen linken Cehotinaufer steht vor der Kaiser-Moschee
eine einsame, alte Föhre, die letzte des Waldes, den das hier entstandene Marktviertel
verdrängt. Die alten Waffenschmiede und die Erzeuger der silbernen Brustpanzer und
Wehrgehänge verkaufen jetzt Maismehl und Streichhölzer. Alles ist still und schläfrig;
aber gerne spricht man von dem „was war", von dem „was in den Büchern steht": daß
jeder kleine Ort einmal groß war und jeder große wieder klein wird.
Sanfte Schiefergehänge leiten has klare Drinawaffer in einem flachen, breiten Kies-
bette auf Gorazda zu, ein Örtchen von einer selten lieblichen Lage. Unter den Baulich-
keiten dominiren die Militär-Baracken und im öffentlichen Leben die Uniform, wie dies in
den meisten südlichen Städten des Landes der Fall ist. Das ganze Städtchen ist renovirt,
alles neu und sauber. Vom alten Gorazda ist fast nur die Kula der Begs Sierciti
übrig; die alte steinerne Bogenbrücke über die Drina sammt der Karawansera ist schon
längst dahin, mitsammt Gorazdas früherer großer Ausdehnung und Bedeutung.
Die „Fürsten der Drina", wie sich die Herzoge von Chlum auch nannten, verweilten
gerne im „Podrinje". Die Burg Zvecaj, in der Nähe des linken Drina-Ufers flußabwärts
von Gorazda, diente den Fürsten gleich dem vielgepriesenen Samobor als zeitweiliger
Aufenthaltsort. Als mittelalterlicher Fürstensitz wurde Samobor wohl von keiner anderen
Burg im Lande verdunkelt. Das mächtige Gemäuer blickt noch heute von den felsigen
Abstürzen des Gostilja-Berges drohend über die fruchtbaren Flächen hin, die sich um die
Mündung des aus den südlichen Hochgebirgen kommenden Janjina-Flüßchens ausbreiten.
Die Thürme und Verließe Samobors bildeten noch vor drei Jahrzehnten das Staats-
gefängniß des Landes, und erst der unaufhaltsame Verfall zwang zum Verlassen der
Beste. Aber im Volke blieb sie populär, und viele Localgebräuche beleben zeitweilig die
verödete Stätte. Auch hier gedenkt die Tradition vornehmlich Herzog Stefans, dem das
Podrinje so lieb war, daß er sich hier sogar seine letzte Ruhestätte erbauen ließ.
Nur wenige Fahrstunden von Gorazda südlich, längs des Gebirgswasfers der
Janjina gelangt man in ein dunkles Kesselthal, das während eines halben Jahres keine
Sonne sieht. Hier liegt Cajuica ewig im Dämmer, wenn auch die die Stadt umklammernde
Kova^-Planina ihre Höhen im goldenen Sonnenlichte badet, und hat sich erst der Winter
in dieser Höhlung eingenistet, dann weicht er nur schwer wieder. Deßhalb will man
anch den Namen des Städtchens von dem alt-slavischen cajati (Abwarten) herleiten.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Volume 22
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bosnien und Herzegowina
- Volume
- 22
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.34 x 22.94 cm
- Pages
- 536
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch