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Auch das berühmte Gnadenbild wartete hier den Wechsel der Zeiten in einem keller-
artigen, dumpfen Gelaß ab, und erst die Neuzeit baute ihm ein dominirend um sich
blickendes, mit achtzehn Kuppeln gedecktes Gotteshaus. Hierher wandern alljährlich
Tausende von denen, „die da mühselig und beladen sind", und die findet man in allen
Ständen und Confessionen. Zu den beiden hohen Marienfesten, Mala und Velika Gospojina,
strömt Heeresmassen gleich das Volk aus allen Theilen des Landes herbei. Christen wie
Mohammedaner suchen Trost und Hilfe bei dem Gnadenbilde, das aus seiner kostbaren
Silberumrahmung groß und ernst herunterblickt. Unzählig sind die Wunder, die es bei den
Gläubigen verrichtet, und droht dem Volke Gefahr durch Krankheit, Noth oder Krieg, so
blinken Thräuen in den Augen Marias. So geht die Sage. Und so wird das Bild von
allen Bewohnern Cajnica's sorgsam behütet, und als sich 1868 die falsche Nachricht
verbreitete, das alte Kloster Banja bei Prjepolje, woher auch das Gnadenbild stammt, solle
restaurirt nnd das Bild dahin übertragen werden, da wollten sich die Mohammedaner
Cajnieas's mit bewaffneter Hand widersetzen. An den Zerstörer Banjas, den Vezir Sinan
Beg Sokoloviö, erinnert auch die in der Nähe der Marienkirche am Rande der Janjina-
Schlucht in graziöser Harmonie sich erhebende Moschee, die der Erbauer mit den aus Banja
geraubten Säulen und Stufen aus schwarzem Marmor, den Butzenscheibenfenstern und
anderen Kostbarkeiten ausgeschmückt hat.
Aus dem Waldlande des Podrinje führt von Cajnica in raschen Serpentinen die
Straße auf die Paßhöhe des Svietlo-Borje, den Metalka-Sattel, vorbei an dem Konjski-
Grob (Pferdegrab), einem Kegel, der das Leibroß des heiligen Sava decken soll. Türkische
und österreichische Posten halten hier auf der steinigen Kovac-Planina Wacht an dem
Zugange znm Durchzugslande Rascien. Hier kehren wir um, wenden uns wieder der
Drina zu und folgen ihrem Laufe zu Thal.
An der Mündung der Rzava in die Drina liegt dasStädchenVisegrad, halb im
Grün versteckt. Als Wächter dieses Ortes kann der ruinengekrönte Felskegel „Starigrad"
gelten, der mit der gegenüber starrenden Butkova-Stijena das Ende der unwegsamen
Felsenge bezeichnet, durch das sich, von Gorazda kommend, die schäumende Flut der
Drina einen Durchlaß erzwingt. Und unmittelbar dort, wo sie den Engen entrinnt, um
breit und stolz an Visegrad vorüberzuwallen, spannt sich in eils gegen die Mitte ansteigen-
den Spitzbogen die hundertvierzig Meter lange steinerne Brücke über den Fluß, mit der
die Vaterlandsliebe des vielgepriesenen Großvezirs Mehmed-Pascha Sokolovic seine
Heimat zierte. Viel weiß das Volk von diesem stolzen Baudenkmal zu singen und zu
sagen, und in ihr conceutrirt sich auch die Bedeutung Visegrads vom Mittelalter bis
auf die neuere Zeit, als die einer Etappe auf der großen Heer- und Handelsstraße von
Sarajevo nach Constantinopel. Dem entsprach auch die prächtige, mit orientalischem Lnxns
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Volume 22
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bosnien und Herzegowina
- Volume
- 22
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.34 x 22.94 cm
- Pages
- 536
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch