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hemmen die thurmhohen Riesenobelisken der „Vlasinje Stijene" endgiltig den weiteren
Lauf der Straße. Und so bohrt sie sich durch das Gestein. Durch zwei Tunnels läuft jetzt
der Weg, uud kaum tritt er heraus, so legt sich die überhängende Felsnase Greben quer
über den Fluß, diesen zwingend, einen spitzen Winkel zu beschreiben, nicht unähnlich der
Labyrinth-Pforte eiuer alteu Beste. Auch die Straße windet sich mühselig durch die
Engen, bohrt sich nun nochmals mit einem langen Tunnel durch den Greben, übersetzt
unmittelbar beim Verlassen des finsteren Stollens den an den Wänden brandenden Vrbas,
und gewinnt so gleichzeitig das rechte, gangbare Ufer. Das Felsenthor klafft bald zum
letzteumale auseinander, und frei führt nun der Weg durch ein sonnig verklärtes, fruchtbares
Gefild. Erfreut schweift das Auge über dasselbe hin und bleibt dann auf einem uralten
Franeiseaner-Kirchlein, Podmilacje, haften, das mit seinen eingesunkenen Gräbern nnd
den darüber schwankenden Banmgipfeln, nach den Grauen der Schluchten, so recht ein
Hort des Friedens däncht.
Noch ein steilabfallender Conglomeratstock muß überwunden werden. An einer
scharfen Straßenwendnng steht eine alte, schon fast blätterlose Eiche. An diesem Punkte
sieht man plötzlich ein zanberhaft schönes Bild vor sich aufgerollt: das der alten Königs-
stadt Ja jce .
Der kleine Kegel, der das alte Jajce trägt, liegt wie ein sorgfältig behütetes
Schaustück in einer Fassung von dominirenden Höhen in dem Dreiecke, das die Mündung
der Pliva in den Vrbas bildet. Hohe, schmale Stnsen nehmend, steigt das Städtchen
innerhalb des Burgfriedens vom Vrbasnfer den Berghang hinan, der oben von den
Zinnen der eigentlichen Beste abgeschlossen wird. Ein merkwürdiges Sammelsurium von
Baulichkeiten! In das regellose Netzwerk türkischer Häuser mit den dichtmaschigen Fenster-
gittern hinein verwirkt sind runde und eckige Thürme, Geschützrampen und meterdickes
Mauerwerk, das, dereinst vielleicht einem Palaste dienend, jetzt zu bescheidenen Hofeinfrie-
dungen herabgesunken ist. Ein schlank aufstrebender romanischer Thurm, der der ehemaligen
Lukaskirche, sieht mit seinen zierlichen Spitzbogenfenstern wie ein Patricier auf die Ruinen-
stadt herab. Tritt man hinaus vor das mittelalterliche Plivathor, durch das die Straße
gegen Süden weiterläuft, so steht man an einem wirbligen schäumenden Wasser, das ein
stattlicher Fluß ist und die Art eines übermüthigen Gebirgsbächleins hat. Ein schöner
Uferweg lockt flußaufwärts, vorbei an den Kalktuff-Rohbauten der Bahn-Endstation Jajce.
Der Schienenstrang tritt drüben über dem Flusse aus tiefen Tuffeinschnitten heraus und
setzt mittelst einer Eisenbrücke über die Pliva-Katarakte hinweg. Grün-weiß brodelt es
zwischen den Uferrändern, Tansende von Schritten geht man dem Flusse entgegen, und die
Erscheinung bleibt sich immer gleich. Eine Felsenwehr taucht endlich anf, gleichsam die
Quelle der Unruhe; denn über diese kommen die Wasser herabgebraust, um toll weiter zu
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Volume 22
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bosnien und Herzegowina
- Volume
- 22
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.34 x 22.94 cm
- Pages
- 536
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch