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Die beiden eisernen Striche, die der Bahnbauer durch eine Landschaft zieht, die
Wolkenschleier, mit welchen sie von der Locomotive eingehüllt wird, verändern nicht selten
vollständig den Ausdruck ihrer Physiognomie. Vor Kurzem noch lag Jajce in romantischer
Abgeschiedenheit; der aus dem Bosnathale über Travnik dahin führende Hauptweg kouute
es uur durch die Waldeinsamkeiten der Karaula-Gora erreichen. Die verlassenen Pfade
ringsum sind besäet mit Burgruinen. Fast weiß man nicht mehr, wie sie heißen: Sokol,
Krezluk, Komotin oder Varosluk, ehedem Königs- oder Großvojvodeu Schlösser,
heute vereinsamte Trümmerhaufen.
Ungestörter denn je wächst auf der Karaula-Gora der Tann, seit der erste Pfiff
der Locomotive das mittlere Vrbasthal durchschrillte. Dieses grüne weltfremde Gelände
ist dadurch mit einem Male zu einer „schönen Strecke" geworden, die Ruine Biuac sammt
dem Grabe des frommen Kämpen Forlak Alija — der dort im Gebete meuchlings getödtet
wurde und ohne Kopf eine Strecke weiterlief — ist zu einer „Bahnstation" und die
großen stämmigen Gebirgler einfach zu „Passagieren' geworden.
Auf dem Umwege über das Skoplje führt jetzt der Schienenweg von Jajce nach
Travnik. BeiDoluji-Vakuftr i t t er aus dem freundlichen Vrbas-Defile hinaus, um durch
eine Wendung nach Osten längs des Oborca-Baches den Komar zu erklimmen. Busch
und Wald in allen Schattiruugeu; wohin man nur blickt, grüne Berge und Thäler. Der
Komar, das Bindeglied zwischen dem machtvollen Vlasic und den südlich liegenden
Gebirgsmaffen des großen Fojnicaer Waldgebietes, wird wohl nur „Mücke" genannt;
trotzdem aber verzichtet die Bahn darauf, den runden Rücken dieser secuudäreu Wasser-
scheide zu erklimmen, und wühlt sich mittelst eines 1362 Meter langen Stollens, dem
längsten Tunnel der bosnisch-hercegovinischen Bahnen, nach der anderen Seite des Berges
durch. Hier beginnt wieder das Bereich der Bosna. Ein vielgliederiges, hügelreiches
Gebiet, südwärts begrenzt von den im duftigen Blau schwimmenden Spitzen der
Vra tn ica -P lan ina und nördlich, knapp vor uns, von den zackenreichen Kanten der
von den Vlasic-Hochplateaux abstürzenden Felsenschroffen. Das Lasva-Flüßchen eilt
regsam zu Thal, und dort, wo es direct die Wände des Vlasiö benetzt, grnppirt sich um
seine beiden Ufer die alte Vezirstadt Travnik.
Einen überraschenden Anblick bietet die Stadt, wenn man sich ihr von Osten her
durch das kurze Lasva-Defile nähert. Vor diesem liegt in einer Mulde der gewerbefleißige,
katholische Vorort Dolac. Der ganze Boden dieser von Hügeln und Bächen durchzogenen
Auen ist reich an nebelhaften, historischen Erinnerungen. Die sagenhafte Stadt Lasva,
die Residenz der Bogumileu-„Djeds", der Oberhäupter der mittelalterliche» National-
kirche Bosniens, soll hier gestanden haben. Erst die osmanische Ära hat Travnik geschaffen.
Die steile Vlasiclehne des direct in die Stadt führenden pittoresken Defilö ist eine einzige,
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Volume 22
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bosnien und Herzegowina
- Volume
- 22
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.34 x 22.94 cm
- Pages
- 536
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch