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Es gibt reizende Winkel in diesen küstenländisch anmnthenden Steilgäßchen mit den
auf Steinsäulen sich stützenden Rebendächern, vornehmlich in dem Hauptorte Ravno, der in
der Fahrordnung der künftigen Bahn auch genannt sein wird. Keine dieser Ortschaften
erreicht man ohne ein bißchen Klettern, denn sie sind alle über dem Niveau des winterlichen
Seespiegels erbaut, der in dem unteren, das ist dem nördlichen Theil des Polje in der
Höhe von nahezu 50 Metern an den Felssockeln seine Merkmale zurückläßt. Während der
langen Wintermonate vermittelt nur das Boot den Verkehr, und wenn die von den
Stürmen gejagten Sturzwellen, hier Konji (Pferde) genannt, an den Felsen branden und
das Boot sich mühsam durch Wind und Wellen zu einem geschützten Standorte durch-
kämpft, so vermeint man ein Stück aus der Inselwelt der Adria vor sich zu haben.
Das Popovo ist reich an Merkwürdigkeiten aller Art. Unter diese sind neben der
„Windhöhle" (Vjetrenica) bei Zavala mit ihren akustischen Phänomenen auch die Mühlen
zu rechnen, die an den Rändern der Ebene in die Ponors eingebaut sind. Das Hochwasser
geht natürlich sofort über sie hin, aber sobald das Polje trocken geworden, klappern die
Räder lustig oft in beträchtlicher Tiefe der Schlünde, solange diese Wasser zum Auffangen
finden. Ter Flußlauf des Polje, die Trebinjciea, kommt auf einem Umwege über
Trebinje ins Popovopolje, und ehe man sich dessen versieht, ist er verschwunden, wie weg-
gelöscht. Ein Theil des Wassers scheint in einem Schlamintümpel gleichsam zn ersticken,
der andere Theil fällt lautlos in ein Erdloch. Man nähert sich vorsichtig dem Rande
desselben und sieht von der Erdkante das Wasser hinunterstürzen, einige Meter weit,
dann ist es unten undurchdringlich finster und todtenstill.
In unwirthlichen rauhen Massenerhebuugeu baut sich das Land weiter gegen
Norden auf. Schneelöcher, stagnirende Tümpel und Eisternen müssen das „lebendige
Wasser", wie sich der Hereegovee so treffend ansdrückt, ersetzen, und auf den entlegensten
Steigen begegnet man ständig Tragthieren, die in Schläuchen und Fäßcheu das Wasser
stundenweit nach den zerstreuten Hütten schleppen Oft besorgen dies auch die Menschen,
zumal die Frauen. In solchen Gebieten sind die Fixpnnkte, nach denen der Fremde
wie der Einheimische sich richten, die Gendarmerie-Kasernen, in der Hereegovina
zumeist kleine, vertheidigungsfähig gebaute Objecte, auf vorsichtig gewählten isolirten
Orten, die ihre eigene sehr bedeutende Machtsphäre und ihren eigenen Culturkreis haben.
Aber nicht Alles ist hoffnungsloser Karst. In den vor dem schlimmsten Feinde des
Waldes, den Ziegen, geschützten Einschonuugen beginnen sich seit einigen Jahren oft auf
weiten Strecken die Felsblöcke mit jungen Baumtrieben zu begrünen. Diese Wahrnehmung
macht mau auch vou dem schönen Fahrweg ans, der das Popovo über Ljubinje mit Stolac
verbindet. Dieses Klippengebiet mit seinen großen lockeren Kalkbrocken, die stellenweise
wie riesige Baumwollflocken aussehen, umspielt bereits dichtes dunkelgrünes Laub.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Volume 22
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bosnien und Herzegowina
- Volume
- 22
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.34 x 22.94 cm
- Pages
- 536
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch