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ursprüngliche Kampfesweise eines findigen kriegerischen Volksstammes schwer nm die
Palme rangen. — Jeder Sieg bedeutete einen schrecklichen Verlust, und die „Duga" war
und blieb das Grab der türkischen Soldaten. Der Himmel verfinsterte sich von Geier-
schwärmen, wenn die Truppen mit den endlosen Tragthiercolonnen sich dem gefürchteten
Passe näherten, und in ohnmächtiger Wuth streckten die tapferen Anatolier die Fäuste ihnen
entgegen Was nützt Muth in einem Terrain, das voll Deckungen, voll Hinterhalten
ist für solche, die es beherrschen, das durch seine Wasser- und Schattenlosigkeit
allein Tausende auf den unbarmherzigen Stein hinstreckt! Doch die Anatolier verkauften
ihr Leben theuer, und auch iu dem Nest der grauen Falken schwieg niemals die Todten-
klage. Es waren wahrhaft heroische Kämpfe beiderseits, an denen sich die christlichen
Hercegovcen ans Begeisterung und Sympathie für die stammverwandten Montenegriner
jederzeit betheiligten.
Die Ostgrenze der Hercegovina war immer ein vager Begriff. Waren die Garnisonen
von Metohija, Bilek und Trebinje stark, dann reichte ihr Einfluß bis ins Herz des heutigen
Montenegro; waren sie aber durch Unruhen im Innern des Landes beschäftigt, dann
konnte es sich leicht ereignen, daß die rückkehrenden Anatolier ihre alten Garnisonen bereits
„jenseits der Grenze" liegend fanden und dieselben nur mit dem Säbel in der Faust
beziehen konnten. Der Sinn für Recht und Ordnung war arg ins Wanken gekommen,
und als den Reichstruppen die Aufgabe erwuchs, hier Ordnung zu schaffen, hatten sie es
mit einer den „Fremden" mißtrauisch gegenüberstehenden, unbotmäßigen Bevölkerung
zu thun.
Und deßhalb mußte als erstes, greifbares Zeichen der neuen Rechtsordnung die
Grenze der Wirkungssphäre der österreichisch-ungarischen Verwaltung präcisirt werden.
Bald nach dem Einmarsch der Truppen wurden demnach an militärisch günstig gelegenen
Punkten einzelne Posten von verschiedener Stärke detachirt und die Grenze so gleichsam durch
Soldaten, durch den Cordon, ausgesteckt. Indem der Verkehr nur auf wenige Stellen
verwiesen und an Umständlichkeiten gebunden wurde, lernte die Bevölkerung die Grenze
achten, zwischen dem „Hüben und Drüben", dem „Mein und Dein" scharf unterscheiden
und getroffene Maßnahmen als unantastbar respectiren. Den militärischen Werth des
Cordons wird kaum Jemand ernst nehmen, aber Niemand vermag es zu leugnen, daß er
die Entwicklung des jungen Culturlebens in der Hercegovina auf das Mächtigste gefördert
hat. Ein Volk, das so lange für Recht und Gerechtigkeit geblutet, kann auch nur durch
den Grnndsatz ,^ustilia rsFnorum luncZumentum" erobert werden, und wenn auch Jahre
nöthig waren, um den gesunden Sinn des Volkes und damit sein Vertrauen zu wecken, so
hat doch weit weniger als das Viertel eines Menschenalters hingereicht, um die seit Jahr-
hunderten lodernden Flammen des Aufruhrs für immer zu ersticken. Unsere Truppen
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Volume 22
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bosnien und Herzegowina
- Volume
- 22
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.34 x 22.94 cm
- Pages
- 536
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch