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ein Fort auf. Aus einiger Entfernung ist es oft recht nett und zierlich anzusehen, aber die,
welche hier einem verlornen Haufen gleich Wochen und Monate lang in völliger
Abgeschiedenheit Hausen, sind nicht immer zu beneiden. Denn das Schlagwort, unter dem
die Cordonstationen entstanden, war „kostenlos". Aus den einfachsten Windschirmen und
Wetterdächern, die im Anfang die längs der Grenze patronillirenden Abtheilungen vor den
schlimmsten Unbilden der Witterung schützen sollten, wurden Hütten, und erst lange hernach
gestaltete man diese auch für den Aufenthalt in der kalten Jahreszeit nothdürftig aus.
Alles natürlich „kostenlos". Steine gibt es leider Gottes genug in der Hereegovina, und
der österreichisch-nngarische Feldsoldat kann „auf Befehl" Alles. Auf dominirenden
Übersichtspunkten ragen jetzt die Cordonsobjecte und die Grenz-Gendarmeriekasernen gleich
Herrschaftssitzen in die dünne Karstluft hinaus, oft zum Entzücken der Einheimischen mit
einem rothen Dache versehen, freundlich in hellen Farben gestrichen und von mehr oder minder
kunstgeübter Hand mit allerhand Zierrat versehen, welcher ausnahmslos die staunende
Bewunderung der Einheimischen erregt. Von den endlos langen Reihen der sich ständig
ablösenden Commandanten hat Jeder das Seine beigetragen zur Verbesserung und
„Verschönerung" der Bauten, die nun wirklich mit vielerlei Geschmack ausgestattet sind.
Wer aber in trostloser Einöde, im wilden, kaum besiedelten Karst, nach beschwerlichem
Ritt auf den Posten ein gastlich Dach findet, wer eintritt in den Kreis echt feldmäßigen
Lebens, in dem altösterreichische Herzlichkeit und ein gesunder Soldatenhumor herrschen,
dem wird der Spott nicht leicht.
Humor ist hier wohl manchmal unerläßlich. Denn es gibt auch Posten, wo die
Bora durch die Trockenmauern wie durch ein Sieb durchbläst und das Strohdach den
Regen in Strömen durchläßt. In dem Blechofen, dessen Rohr direct ins Freie führt,
verknistert das Gestrüpp, ohne zu wärmen, und der Proviant muß zum Schutze vor den
Nagethieren auf frei an dem Deckgebälke schwebenden Brettern versorgt werden. Im
Winter gehört noch das Schneeschaufeln, in dem heißen Sommer die Wasserversorgung
zu den häuslichen Sorgen des entsagungsvollen Cordondienstes. Die Freuden sind so
karg: die seltene Post mit veralteten Zeitungen, das typische alte Botenweib, der Besuch
des Nachbars von dem nächsten Berggipfel, Soldatenscherze, Telegraphen- und Telephon-
Nachrichten und — Jnspicirungen. Diese aber werden nicht leicht zu Überraschungen,
wenn der Commandant populär ist. Denn dann fliegt die Kunde weit voraus über Berg
und Thal von einem Hirten zum andern, in jenen langgedehnten, durchdringenden, nur
den daran Gewöhnten verständlichen Rufen, die man scherzweise das „landesübliche
Telephon" genannt, und die Posten sind lange vor Eintreffen des Gestrengen darauf
gefaßt. In den früheren unruhigen Zeiten waren diese Rufe, mittelst welcher die Truppen-
bewegungen in unglaublich kurzer Zeit über weite Strecken bekannt gemacht wurden,
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Volume 22
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bosnien und Herzegowina
- Volume
- 22
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.34 x 22.94 cm
- Pages
- 536
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch