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Jahrhunderten, die in der jüngeren Steinzeit ihren Anfang nimmt nnd bis an den Beginn
unserer Zeitrechnung reicht.
. Funde aus der älteren Steinzeit, das heißt aus jenem vergangenen erdgeschicht-
lichen Zeitraum, in welchem der Mensch unter anderen klimatischen Verhältnissen mit
einer Reihe theils ansgestorbener, theils ausgewanderter Thiere zusammenlebte, sind —
wie auf der ganzen Balkanhalbinsel — auch in Bosnien-Hercegovina noch nicht nach-
gewiesen worden. Doch ist die Entdeckung solcher Überreste in Höhlen vielleicht nur
eine Frage der Zeit. Ganz bedeutend ist dagegen die Hinterlassenschaft des neolithischen
Menschen. Abgesehen von Einzelfunden und Ablagerungen gemischten Charakters, in
welchen Steinwerkzeuge neben Metallgegenständen vorkommen, hat Bosnien mehrere rein
neolithische Fundstellen, darunter eine solche von beispielloser Ergiebigkeit: Butmir bei
dem schönen Badeorte Jlidze im Sarajevskopolje, nahe den Bosnaqnellen und nur
13 Kilometer westlich von der Landeshauptstadt.
Eine kaum merkbare Bodenschwellung in der Ebene bezeichnet hier die Lagerstätte
einer schwarzen Culturschichte, welche in der Mitte des ausgedehnten alten Wohnplatzes
mehrere Meter stark ist und gegen die Wände hin allseits an Mächtigkeit abnimmt. Einst
standen hier — Anfangs anf dem Urboden, später beim Anwachsen der Schuttschichte, in
immer höheren Horizonten — zahlreiche Hütten von verschieden gestaltetem Grundriß,
der sich an seichten Vertiefungen im Boden erkennen läßt. Die Wände bestanden aus
Reisiggeflecht das sich um dünne Pfähle herumzog und mit Lehm verschmiert war. Die
Dächer mögen aus Stroh gewesen sein. Diese Hütten bewohnte eine kleine Sippe, wahr-
scheinlich schon illyrischen Stammes, welche mit großem Fleiß der Bearbeitung des Steines
zu Waffen und Werkzeugen oblag. Fertige Fabrikate, Beile, Meißel, Schaber, Pfeilspitzen,
Sägen, Messer, Bohrer, sowie Halbfabrikate, dieselben Gegenstände in unfertigem oder
nur roh angedeutetem Zustande, endlich Rohmaterial und Instrumente zur Herstellung jener
Erzeugnisse — Reibsteinplatten, Polirsteine, Klopfer — füllten in ungeheuren Massen die
Culturschichte. Man entnahm die Rohstoffe: Hornstein, Jaspis, Qnarzit n. dergl., dem
Flußgeschiebe oder den nahen Gebirgen. Die kleineren Gegenstände formte man bloß
durch Zurechtschlageu, die größeren, namentlich Beile und Meißel überdies durch Poliren.
Schartige oder sonst untauglich gewordene Stücke reparirte man durch Aufsetzen einer neuen
Schneide oder verwendete sie als stumpfe Schlägel. Kurz, es war da eine Fabrik, welche
man, wenn es sich um eiserne Waffen und Werkzeuge handeln würde, als eine große
Schmiedewerkstätte bezeichnen dürfte. Dabei fand sich aber trotz emsigsten Nachsuchens keine
Spur von Metall, weder Eisen, noch Bronze oder auch nur Kupfer oder Gold.
Die Hinterlassenschaft der fleißigen Männer von Butmir verdient aber anch von einer
anderen Seite unsere Beachtung. Sie besaßen — ungewiß ist, ob sie sie selbst herstellten oder
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Volume 22
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bosnien und Herzegowina
- Volume
- 22
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.34 x 22.94 cm
- Pages
- 536
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch