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ausgezeichneter technischer und stilistischer Beschaffenheit. Hieher gehören an größeren
Stücken: Helme, modellirte Beinschienen, gebuckelte Schalen; an kleineren: viele Zierscheiben,
Fibeln, Nadeln, Hals- und Armringe. Da ist Guß und Schmiedearbeit, getriebenes und
gravirtes Ornament von vollendeter Qualität.
Von geradezu entgegengesetzter Art sind viele kleinere Stücke, namentlich gewisse
Fibeln, Nadeln und Zierscheiben. Sie sind roh im Guß, oft nur mit Benützung einer ein-
seitigen Form hergestellt, flüchtig abgeputzt und gar nicht oder nur mit einigen plumpen
Feilstrichen decorirt. Dergleichen kommt auch anderwärts vor, ist jedoch gegenüber der
meist soliden gewöhnlichen Bronzetechnik prähistorischer Gegenstände stets auffallend. Hier
deutet es auf eine wohl am Rande der Ostalpen anzusetzende Fabrik. Diese kann in Bosnien
oder einem der Nachbarländer gestanden haben; man findet ihre Erzeugnisse noch an
der Grenze des mittleren und des oberen Donaugebietes, z. B. bei Güns in Ungarn.
Die schönen Bronzen der ersten Classe kamen gewiß von der adriatischen Küste
herein ins Land, denn sie zeigen griechische und hellenisirende Kunstformen. Wenn nnn
die Bronzen der zweiten Classe aus dem nördlichen Binnenlande stammen, so kreuzten sich
auf dem Glasiuac industrielle Producte aus sehr weit von einander entlegenen Gebieten,
ohne daß deshalb hier eine Durchzugsgegend für diese verschiedenen Handelsartikel ange-
nommen zu werden braucht. Aber allerdings scheint in dem Besitz dieser beiden Classen Hall-
stättischer Bronzen die Mittelstellung Bosniens zwischen dem südlichen und dem mittleren
Europa einen eigenthümlichen Ausdruck zu finden.
Das von mächtigen Felswällen umgürtete, im Mittel 900 Meter hohe Plateau von
Glasinac und die östlich und südlich daran stoßenden Landstriche waren zweifellos einst
das Gebiet eines illyrischen Stammes, wahrscheinlich der Däsitiaten, welche Jahrhunderte
lang in diesem Landestheile hausten und schweiften, ihren eingeborenen Fürsten gehorchten,
mit den Nachbarn manche Fehde ausfochten, aber dabei sich im Großen und Ganzen eines
ruhigen, ungestörten Besitzes ihrer Weidegründe, ihrer Heelden und sonstigen fahrenden
Habe erfreuten. Ihr Besitz an Culturmitteln war, nach dem was die Gräber direct be-
zeugen und worauf sich daraus weiter schließen läßt, kein geringer; er darf aber auch
nicht allzu hoch angeschlagen werden. Gemünztes Geld hatte man nicht, aber reichliche
Zahlungsmittel in Gestalt von Vieh. Die Reicheren besaßen schöne Waffen und Rüstungen,
glitzernden, weitläufigen Leibesschmuck, dann vermuthlich schöne Zierarbeiten in Gewebe,
Filz, Leder, Holz. Die Armen hatten davon wenig oder nichts; auch das bezeugen viele
Gräber. Nicht wenig von dem, was wir heute ausgraben, ist ganz sicher bloß eingehandelt,
entsprechend dem lässigen Wesen aller Hirtenvölker, denn die Viehzucht, von der die alten
Jllyrier ausschließlich lebten, ist eine schlechte Erzieherin znm Fleiß. Sie erzeugt eher
Trägheit; denn die Heerden vermehren sich von selbst, und an ihnen allein hängt das
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Volume 22
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bosnien und Herzegowina
- Volume
- 22
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.34 x 22.94 cm
- Pages
- 536
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch