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zwei Reiter, die folgende Langseite fünf Reitergestalten, in Einzelfüllungen einen Fries
bildend. Obwohl die fignrale Darstellung auf diesem Denkmale noch weit von einer höchsten
künstlerischen Vollendung entfernt ist, überragt sie doch in jeder Beziehung alle derartigen
Werke des bosnischen Mittelalters in so hohem Grade, daß ihr Vorhandensein nur durch
die Voraussetzung von außen kommender Einflüsse erklärt wird, die nicht ohne nachhaltige
Wirkung auf das Land blieben. Das Denkmal von Zgosca dolnja ist möglicherweise einer
der ältesten, gewiß aber der schönste Vertreter einer großen für Bosnien charakteristischen
Gruppe von Denkmälern.
In ganz Bosnien und in der Hercegovina trifft man, namentlich auf Hochplateaux,
zahlreiche, oft zu großartigen Nekropolen angeordnete Grabdenkmäler, welche das Volk
„Mamvrvvi" (Marmore), „Steöei" (von „stati" — „stehen") oder „NaSsti" (von arab.
ÄlesckkeÄä) nennt. Diese auch theilweise in den südlichen Nebenländern vorkommenden
Denkmäler werden in den Inschriften Kami oder Xamen Stein), kiliA (^ Zeichen)
oder auch Kamen biliA (— Steinzeichen) genannt, während in jüngerer Zeit dafür von
Forschern, die das Land bereisten, die Bezeichnung „Bognmilengräber" aufgebracht
wurde. Letztere Bezeichnung hat insofern? Berechtigung, als sich die Verbreitung dieser
Denkmalform mit dem Verbreitungsgebiete des Bogumilenthums deckt.
Die Grundformen dieser nach Tausenden und Abertausenden zählenden Grab
denkmäler sind: die Plat te , die Tumba oder der längliche Steinwürfel, der Sarkophag
mit giebelförmiger Decke und die Säu le (AiSan). Indem diese Grundformen bald von
parallelen, bald von nach oben divergirenden Seitenflächen begrenzt, auf bloße Erde oder
auf eine besondere Sockelplatte oder auf Stufen gestellt wurden, entstand eine große Reihe
von Varianten, die noch durch den Wechsel der Größenverhältnisse bedeutend erweitert wird.
In vielen Fällen sind die Denkmäler wohl kaum nothdürftig behauen, oft aber erhalten sie
ornamentalen Schmuck. Die Scala dieser Motive bewegt sich allerdings nur in engen
Grenzen, welche durch traditionelle Überlieferungen gezogen waren. Am häufigsten sind die
Urmotive menschlicher Kunstthätigkeit anzutreffen: Zickzacklinien, Spiralen und Schnur-
ornamente. Daran schließen sich pflanzliche Motive, Rosetten, und als Einfassung größerer
Flächen Ranken mit dem charakteristischen Kleeblatte besetzt.
Im Gegensatze zu den bosnischen charakterisirt die hercegovinischen Nekropolen eine
architektonische Ornamentik, indem hier Tumbeu oft mit einer in Basrelief ausgeführten
Säulenstellung verziert werden. Die Vorstellungen, welche dieser Ornamentform zu Grunde
liegen, haben ihren Ursprung sicherlich der Betrachtung der Ragusaner Palastbauten zu
verdanken. Ihre Anwendung auf Grabdenkmäler ist aber um so berechtigter, als ja das
Grab als die Wohnung des Verblichenen aufzufassen ist — ein Gedanke, der in Inschriften
ausdrücklich ausgesprochen wird.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Volume 22
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bosnien und Herzegowina
- Volume
- 22
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.34 x 22.94 cm
- Pages
- 536
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch