Page - 235 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Volume 22
Image of the Page - 235 -
Text of the Page - 235 -
235
Als aber der große Sultan Sulejman II. den Thron bestieg, war das Geschick
dieser Länder besiegelt. Belgrad fiel im Jahre 1521 und mit diesem Horte der Donau-
ebene auch das Drinagebiet und ganz Ostbosnien; nur das Banat Jajce hielt sich noch.
Schon zu dieser Zeit knüpften einige kroatische und dalmatinische Geschlechter aus localem
Interesse und mit Einwilligung des Königs Ludwig Verbindungen mit dem Erzherzog
Ferdinand von Osterreich an, nnd die Rolle der Habsburger beginnt mit einer Aetion,
welche im Interesse ihrer stark bedrohten innerösterreichischen Provinzen Steiermark,
Kärnten und Kram die Beschützung Bosniens bezweckte, indem sie schon damals das
Protektorat über Bosnien anstrebten. Der Unglückstag von Mohäes (1526) machte dem
westbosnischen Banate ein Ende; zwei Jahre später gab der letzte Kommandant Stefan
de Gorbonok freiwillig die Festung Jajce auf, welche solange Zeit hindurch, mit so vielen
blutigen Opfern vertheidigt, die Grenzfestung des Westens gewesen war. Jetzt erst beginnt
die Geschichte des Paschaliks Bosnien. Die Hercegovina bildete schon seit dem Jahre
1483, von den Türken erobert, ein besonders verwaltetes Territorium.
Die türkische Eroberung, welcher Jahrhunderte vorgearbeitet hatten, war eine
gründliche, die das bosnische Volkswesen in seinem innersten Kern umgestaltete. Eine
ganz andere Weltanschauung trat an die Stelle der früheren. Der römische Imperator,
der byzantinische Kaiser und der König von Ungarn, deren moralische Obergewalt in den
Binnenländern nie recht Fuß gefaßt hatte, wurden durch die greifbare und unermeßliche
Größe und Hoheit des Sultans verdrängt. Von ihm hing Leben und Tod, Besitz und
Glück nnd Alles, was in der Welt theuer ist, ab.
Es ist bekannt, daß die alte türkische Staatsverfassung die Vermischung einer
wunderbaren gesellschaftlichen Gleichheit mit dem Despotismus bildet. Alle Osmauen sind
gleich; einheitlich in der Religion, gleich vor dem Gesetz, einheitlich in ihren Gewohnheiten;
selbst der ärmste Mann konnte Großvezir werden. Nicht die Geburt entscheidet, sondern
das Glück, die Fähigkeiten nnd die Geschicklichkeit jedes Einzelnen; es gab damals nicht
einmal Familiennamen, durch welche sich die Tradition in den Geschlechtern vererben
konnte. Überall, wo der Türke als Eroberer auftrat, mußten die früheren Institutionen
weichen, die alten Rechte nnd Verbindlichkeiten verloren ihren Werth; der einst gewaltige
Herr wurde ebenso Unterthan, wie sein früherer Knecht. Nur in Bosnien sehen wir den
alten Adel, der sich in seiner großen Mehrheit mit Leib und Seele dem Islam zuwendet
und dem Sultan huldigt, seine politischen Privilegien in alter K'rast erhalten.
Während in Ungarn alles wehrhaste Element in die den Habsbnrgern und den
Siebenbürgern verbliebenen Gegenden flüchtete nnd die kroatischen Herren sich nach
Slavonien übersiedelten, fing für Bosnien und die Hercegovina ein neues Leben an. Nach
langen Streitigkeiten der Unterthanen mit ihren Königen und anderen Oberherren finden
back to the
book Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Volume 22"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Volume 22
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bosnien und Herzegowina
- Volume
- 22
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.34 x 22.94 cm
- Pages
- 536
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch