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geschehen ist. Doch ist zu bemerken, daß der allgemeine Zustand Serbiens viel trauriger
war als jener Bosniens. Die meisten serbischen Dörfer waren unbewohnt; von 4 l5 Orten,
welche im Passarowitzer Frieden an die Monarchie kamen, waren 342 gänzlich verlassen.
Die nen erworbenen Districte wurden militärisch verwaltet und das Princip befolgt, in
der ersten Zeit mit den Unterthanen milde und besonders in der Steuerfrage nachsichtig
zu verfahren. Dieser heilsame Grundsatz wurde jedoch bald nicht mehr eingehalten
nnd die kaiserliche Verwaltung ging sehr hart vor.
Sowohl in Bosnien, als auch in Serbien wnrden die Contribntionen unerbittlich
eingetrieben; im letzteren Lande wurden von kaum 2500 Einwohnern im ersten Jahre
50.000 bis 70.000 Gulden gezahlt und drei Jahre später wurde die Contribntion auf
105.000 Gulden erhöht. Nichts ist bezeichnender sowohl für die bosnische, wie auch für die
serbisch-orthodoxe Bevölkerung und ihre Stimmung als ein gleichzeitiger Bericht, in dem es
heißt: „Die Landesbewohner sind sehr abergläubisch, halten ihre Metropoliten und Popen
für Abgötter, lieben bisher noch mehr das türkische Joch als die christliche Regierung,
weil sie dem Raube und Morde ergeben und ihnen die Lebensstrafe statt des sonst wegen
eines Todtschlages den Türken bezahlten Blutgeldes nicht gefallen will; legen ohne Scheu,
wann und so oft man will und mich für das Gegentheil dessen, was sie einen Tag vorher
gesagt, eiueu Eid ab, sind von Natur lügenhaft, vergraben ihr Geld und entrichten
nngerne ihre Abgaben. Wenn aber Einer ihre Sprache reden kann, so thun sie um
ein gutes Wort Alles. Was den Zustand des Landes betrifft, ist die Prodnction im
allerprimitivsten und schlechtesten Zustande, die Bergwerke in Verfall, das Handwerk
kaum in Ausübung, der Handel fast ausschließlich in Händen türkischer Unterthanen,
das heißt Griechen."
In den südlichen Gegenden jedoch, welche nicht direct mit den neuen ungarischen
Grenzen in Berührung standen und den Druck der türkischen Reaction nmsomehr
empfanden, lebte die Idee vom befreienden christlichen Kaiser ungeschwächt fort,
denn die an den Wiener Hof gelangenden Petitionen und die einzelnen Missionen,
besonders geistliche wurden immer freundlich empfangen und beschenkt. Der Kaiser
und König Karl in höchsteigener Person interesfirte sich seit 1719 speciell für diese
Angelegenheiten und ließ die Idee einer Annexion der Balkanhalbinseltheile niemals
aus den Augen.
Zu dieser Zeit berühren sich schon unmittelbar die beiden großen europäischen
Strömungen, die nun auf der Balkanhalbinsel in Action traten: die orthodoxe russische
und die katholische Habsburgische.
Sowohl die russische, als die Habsburgische Politik betrachtete ihr Vordringen
gegen die Balkanhalbinsel als eine der anderen parallele Action und die Folge der
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Volume 22
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bosnien und Herzegowina
- Volume
- 22
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.34 x 22.94 cm
- Pages
- 536
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch