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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Volume 22
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Page - 300 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Volume 22

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300 In die Kompetenz der Volksgerichte gehören hauptsächlich Familienstreitigkeiteii, sofern sie nicht in der Lamora earitatis geschlichtet werden können; Paternitätsklagen, Grenz- und Theilnngsstreitigkeite». Das Urtheil lautet in der Regel auf Entschädigung des Geschädigten, mitunter auch auf körperliche Strafe, die sofort vollzogen wird. Den meisten Anlaß zu häuslichem oder Bruderzwist gebe» böse Zungen, denn ein altes Wort sagt: ,?Ii jexiei drucu ?uva6iee" (Böse Zungen brachten Brüder zum Streit), nnd das auch hier berüchtigte Verhältnis der Schwiegermutter zur Schwiegertochter, welche den Haß auch ihren Männern mittheilen. In einem Orte bei Gacko hatten die Weiber Vater und Sohn so gegeneinander aufgereizt, daß sie sich gegenseitig mit Todtschlag bedrohten. Die Sache wurde vor ein Volksgericht gebracht, welchem der Vojvoda Bogdan Zimonjiö präsidirte. Als der Streitfall vorgebracht wurde, ließ er die beiden Weiber, Schwiegermutter und Schwiegertochter, welche ihre Männer zum Streite gehetzt, vorführen nnd vernrtheilte erstere zu 20, letztere zu 25 Stocksireichen, ohne weiter zu untersuche», welche die Schuldigere sei. Die Exemtion wurde durch die beiden Männer vor allem Volke vollzogen, und mit dem Momente kehrten Friede und Eintracht in jenes Haus ein. Bei Paternitätsklagen wurde, falls der Geklagte geständig war, auf Anerkennung des unehelichen Kindes, auf Einhaltung des Eheversprechens oder ans Schadenersatz, dessen Betrag oft sehr hoch, mitunter 1000 Thaler war, erkannt. Verlegte sich der Beschuldigte aufs Leugnen, so stand es der Klägerin frei, auf einem Reinigungseid zu bestehen oder ein Gottesnrtheil zu fordern. Der Geklagte durfte sich aber nicht persönlich „losschwören" (vtkleti se), sondern mußte zwei Eideshelfer stellen, die für ihn feierlich den Eid leisteten. Gelang ihm das, so wurde er ohueweiters freigesprochen. Diese Reinigungseide siud dem Sinne nach eher Flüche, denn man wendet dabei zumeist Phrasen an, wie: „Gott gebe, wenn er schuldig ist, daß er nie die Sonne sehe; was er schaut, erscheine ihm schwarz, und nur die Pupille weiß; — die Mutter küsse ihm die kalte Stirne, — der Blitz entreiße ihn dem Donner, — sein Licht verlösche. — Schlangen mögen ihm die Augen aussaugen, Hexen das Herz zernagen. — Im Leibe möge ihm Gras keimen nnd die Erde seine Knochen ausspeien." Bei jeder dieser Ver- wünschungen klopfen die Eideshelfer mit zwei Steinen, die sie in den Händen halten, aneinander. Das Gottesnrtheil bestand in einer Feuerprobe und ist zweifellos ein aus dem Mittelalter überlieferter Rest von Ordalien. Die Probe wnrde in folgender Weise vor- genommen. Man erhitzte in einem Kessel reines Qnellwasser bis zum Siedepunkte, und gleichzeitig erhitzte man bis zur Glut ein Stück Stahl (ma?ija, wovon die ganze Procedur den Namen „Stahlheben" erhielt) oder ein Hufeisen. Der Beschuldigte, sowie dessen Rechtshelfer wuschen sich nun mit Seife und reinem kalten Wasser sorgfältig die Hände,
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Bosnien und Herzegowina, Volume 22
Title
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Subtitle
Bosnien und Herzegowina
Volume
22
Editor
Erzherzog Rudolf
Publisher
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Location
Wien
Date
1901
Language
German
License
PD
Size
15.34 x 22.94 cm
Pages
536
Keywords
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Categories
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