Page - 345 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Volume 22
Image of the Page - 345 -
Text of the Page - 345 -
345
Unterseite zur Schonung der Pulsadern offen bleiben. Tas Motiv wird als Armband
(riurukvie») bezeichnet und überdeckt das Gelenk nicht selten in einer Breite von
10 Centimetern. Weitere Motive sind der Tannenzweig (jelica) und die Ähre (klas),
welche am Unter- oder Oberarm, und zwar zumeist an der Seite so angebracht werden,
daß die Längsachse der Motive mit der des Armes parallel ist. Außer diesen Motiven
kommen uoch vor: die Sonne (sunee), der Mond der Morgenstern
(prekocknies) und der einfache S te rn (2vij e26k>). Alle sind eonventionell aufgefaßt
und haben mit Ausnahme des Kreuzes, welches aber gerade bei den Tätowirnngen aller
Völker eine große ornamentale Rolle spielt, mit christlich-religiösen Begriffen nichts gemein,
so daß wir sie auf eine ältere und nrthümlichere Tradition zurückführen dürfen.
Der Unterricht. — Das volkstümliche Unterrichtswesen in Bosnien und der
Hercegovina war vor der Occupatio» ein durchaus primitives. Die praktischen Arbeiten
lernte das Kind praktisch, indem es früh zur Arbeit angehalten wurde. Beten lernte es
von der Mutter, welche sich damit begnügte, ihm einige kurze Gebete beizubringen.
Für die übrigen geistigen Bedürfnisse sorgten einige wenige Psarr- und Klosterschulen,
die aber in ihren an die Schüler gestellten Anforderungen sehr bescheiden und vom
Schüler befriedigt waren, wenn er etwas bnchstabiren und zur Noth seinen Namen
schreiben konnte.
Und doch hatte das Volk von seinen Vorvätern eine besondere Schriftart ererbt und
eigenthümlich ausgebildet. Diese Schrift, deren sich sowohl die Christen als auch die
Mohammedaner bedienten, entwickelte sich aus jenen Charakteren, welche die bosnischen
Großen im Mittelalter auf ihren kolossalen Steingrabmälern benützten. Sie wurde dem
Kinde nicht in der Schule beigebracht, sondern vom Vater gelehrt, und in vornehmen
mohammedanischen Häusern gab es ähnlich wie in Alt-Griechenland schreibknndige Diener,
zu deren Obliegenheit es gehörte, die IZosanöiea den Kindern beizubringen. Von diesem
Schreibunterrichte waren selbst Mädchen nicht ausgeschlossen, und es ist dies die einzige
Schriftart, welche auch Mohammedanerinnen beigebracht wurde. Das Aussehen dieser
Schrift ist ein ziemlich complicirtes, doch besteht jedes einzelne Zeichen aus den einfachsten
Elementen.
Vor hundert Jahren war diese Schrift in den katholischen Klöstern noch offieiell
und damit wurden alle Register, Matrikeln, Jnventare ?c. geführt; dann aber wurde sie
durch die Lateinschrift verdrängt. Heute wird sie noch von den Begs der Hercegovina und
der Krajina benützt.
Ebenso wie der Schreibunterricht, war auch der Rechenunterricht primitiv. Man
lernte zuerst nach den Fingern und dann im Kopfe rechnen, wobei die Leistungen oft
erstaunliche sind.
back to the
book Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Volume 22"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Volume 22
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bosnien und Herzegowina
- Volume
- 22
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.34 x 22.94 cm
- Pages
- 536
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch