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wohl ausgerüstet rücken sie vor das Haus, nud Jeder, der ihuen begegnet, erkennt sie an
der mit Blumen und Bändern geschmückten Schnapsflasche (ploska oder euwra) als
Werber und trinkt ihnen zum Vorhaben aus der dargereichten Flasche Glück zu.
In das Haus der Erwählten angelangt, werden sie als Fremde bewillkomint und
behandelt, denn die gute Sitte fordert, daß man den Zweck des Kommens anfangs ver-
heimlicht. Erst nach einer Weile wird dieser Zweck behutsam unter Darreichung der
erwähnten ?lc»ska dem Vater des Mädchen angedeutet. Dieser, ohne Bescheid zn geben,
zieht sich zurück, um mit Mutter und Tochter die Sache zu besprechen. Wenn er zn den
Werbern zurückkommt, fragen ihn diese: „Ist's ein Wolf oder Fuchs?" (— Sagst Du ja
oder nein?) Worauf er erwidert: „Ein Wolf und ein Fuchs, denn jedem Vater ist es
schwer, sein Kind herzugeben." Jetzt erst nimmt er den dargebotenen Trunk an und
empfängt für die Braut einen Dneaten und den Niug. Die Werber ziehen ab nnd nehmen
für den Bräutigam als Geschenk der Braut ein Loscalulc (Geschenk), bestehend ans
Hosen und schön gesticktem Band, mit.
Nach einiger Zeit (acht Tagen) begibt sich von Seite des Bräutigams eine zweite
Deputation zum Brautvater, jedoch in einfacher Kleidung und unauffällig. Diese hat genau
die Hochzeitsceremonien festzusetzen, und zwar: den Tag der Hochzeit, die Zahl der
Hochzeitsgäste, die Art und den Werth der Geschenke, welche die Verwandten der Braut
erhalten, sowie die Höhe der Kaufsumme für die Braut.
Am Tage der Hochzeit versammeln sich im Vaterhause des Bräutigams die durch
einen eigenen Hochzeitsbitter geladenen Gäste. Der StarjeZina geht selten zur Hochzeit,
ebenso der Bräutigam. Ersterer sendet als seinen Vertreter den 3 t» i i svat, letzterer zwei
v^ever ' s (Brautführer).
Die Hochzeiter ziehen nun hoch zu Roß in folgender Reihe: Der 3 ta r i svat mit
dem prvenae, welcher ein Schwiegersohn des Hauses ist, an der Spitze des Zuges, der
l ium (Pathe) mit dem VHvocka, der LarHaktar (Fahnenträger) mit seinem Substitut
die beiden D i v e r s (Brautführer), dann die anderen Gäste. Der Eaus aber
ist bald an der Spitze, bald im Rücken des Zuges und hat tausend Sorgen, um für den
Unterhalt von Roß und Reitern zu sorgen und vor Allem durch seine unerschöpflichen Späße
den Zug in guter Laune zu erhalten.
Am halben Wege zum Brauthause wird Halt gemacht und ein obligater Imbiß
genommen, worauf der Zug weiter geht. In einiger Entfernung vor dem Brauthanse wird
abermals Halt gemacht nnd ein Bote (MuKtu1uk65iHa) ins Haus geschickt, die
Kommenden zu melden. Ohne abzusitzen, wird er mit Wein bewirthet und erhält sein
Geschenk (ein Tuch oder dergleichen) und eine Flasche mit der er zurückreitet. Aus der
gesendeten Flasche macht der Ltsri svat den ersten Trunk. Tann trinken alle der Reihe
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Volume 22
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bosnien und Herzegowina
- Volume
- 22
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.34 x 22.94 cm
- Pages
- 536
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch