Page - 400 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Volume 22
Image of the Page - 400 -
Text of the Page - 400 -
400
Bosnien und die Hercegovina lieferten, seitdem sie eine türkische Provinz geworden,
nicht nur ausgezeichnete Groß-Veziere, Heerführer und Statthalter, welche vieles zum
Ruhme und zur Vergrößerung des östlichen Kaiserreiches beitrugen, sondern sie führten
anch der türkischen Poesie einige der bedeutendsten Dichter zu. Wir wollen nur die hervor-
ragendsten derselben erwähnen.
Dervis-Pascha, zu Mostar 1566 geboren, kam unter Sultan Selim II. nach
Constantinopel, wo er für deu Kriegsdienst erzogen wurde. Um diese Zeit stand der
Hercegoviner Mehmed Pascha Sokoloviö im Zenith seiner Macht und war mit Erfolg
bestrebt, möglichst viele Landsleute in der Türkei zu einflußreiche» Stellen zu erheben.
Als Beglerbeg von Bosnien zog Dervis-Pascha mit seinem Contingent nach Mohacs und
von hier mit Ibrahim Pascha und Mehmed Pascha Sokolovic vor Ofen, wo er sich mit
seinen Landsleuten auszeichnete. Bei der Eroberung Kauizsas befehligte er einen Theil
der türkischen Truppen, mit welchen er zuerst iu die Verschanzuugen des Erzherzogs
Ferdinand drang. Im Jahre 1604 starb er vor Ofen den Heldentod, weil er die Schmach
des Rückzuges nicht zu ertragen vermochte. Im Jahre 1592 hatte er in seiner Geburts-
stadt eine Moschee erbaut. Doch mehr als die Kriegsthaten verherrlichen seinen Namen
seine persischen und türkischen Dichtungen. Sultan Mnrat III. beauftragte Dervis Pascha,
eine persische Erzählung, welche ihm besonders gefiel, in s Türkische und zwar in Versen
zu übertragen. Der Dichter lieferte eine meisterhafte Übersetzung und gab sie mit eiuigeu
eigenen Gedichten bereichert, im Jahre 1587 unter dem Titel „Murad-name" (Murat's
Buch) heraus. Damit eroberte er sich sofort eiueu der hervorragendsten Plätze unter den
türkischen Dichtern. An Feinheit des Ausdruckes und Schwung der Gedanken dürfte er
sich mit den besten türkischen Lyrikern messen. Daß er anch in der Ferne seine Heimat
nicht vergaß, beweist sein Lobgesang an Mostar, welches er als ein Nest berühmter
Helden der Wissenschaft und des Schwertes feierte. Er hinterließ auch einige kleinere
Dichtungen in arabischer Sprache.
Vor der Renaissance der türkischen Poesie zn Beginn dieses Jahrhunderts wurde
Nercesija als der tiefsinnigste und erhabenste Elassiker gefeiert; ja es werden ganze
Abschnitte seines Hauptwerkes „Hamsa" in den höheren Lehranstalten des türkischen
Reiches auch hente noch als Muster classischen Stiles gelesen. Im Jahre 1591 in Sara-
jevo geboren, wo sein Vater Kadi war, vollendete er die höheren Studien in Constanti-
nopel, diente als Kadi in Gabela nnd Mostar und wurde 1634 Kriegsgeschichts-
schreiber; doch starb er infolge eines Sturzes vom Pferde im blühendsten Alter. Er
hinterließ zahlreiche Schriften, unter welchen „Hamfei Nertesi" den ersten Rang einnimmt.
Diese uuterhalteude Lehrdichtnug, welche sich durch plastische Darstellung und geistreiche
Wortspiele auszeichnet, erlebte mehr Auflagen, als irgend ein anderes türkisches Werk.
back to the
book Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Volume 22"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Volume 22
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bosnien und Herzegowina
- Volume
- 22
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.34 x 22.94 cm
- Pages
- 536
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch