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»Kol»" veröffentlichte Martic das erschütternde Klagelied „?Iae kosne" (Bosniens
Thränen). Dieser schmerzhafte Aufschrei bedrückter Menschlichkeit kündigt bereits den
späteren Tröster seines Volkes nnd den erhabenen Sänger der „Rächer" an.
Im Jahre 1850, demnach in der stürmischen Epoche Omer Paschas, wnrde Martic
zum Pfarrer von Sarajevo ernannt. Omer Pascha, der in seiner Heimat Michael Latas
geheißen, war in Ogulin geboren. Er flüchtete wegen eines Vergehens nach Bosnien, wo
er znm Islam übertrat und sich nach und nach zum Oberbefehlshaber der gesammteu
türkischen Armee emporschwang. Anfangs kam er den Mönchen des Franeiscaner-Ordens
und den Christen überhaupt sehr wohlwollend entgegen; ja er begann zunächst die
renitenten bosnischen Mohammedaner rücksichtslos zu verfolgen. Jnkiö und Martic
widmeten ihm für die Erleichterungen, welche er ihren Glaubensbrüdern gewährte, das
II. Heft des .Losanski priMeh« mit einer schwunghaften Ode. Allein, nachdem Omer
Pascha die unbotmäßigen Mohammedaner mit Hilfe der Christen gedemüthigt hatte,
kehrte er sich gegen die Christen, nahm ihnen die Waffen ab und vertheilte sie an dieselben
Türken, welche er so schonungslos niedergetreten hatte. Wir haben bereits oben bemerkt,
daß er seinen Freund Jnkic nach Constantinopel schleppen ließ. Einem ähnlichen Schicksal
entzog sich Fra Grgo Martic durch die Flucht.
Als Omer Pascha im Jahre 1852 abberufe» wurde, kehrte Martic auf seine Pfarre
nach Sarajevo zurück, wurde im Jahre 1854 auf die Pfarre in Ponijevo bei Zepce
versetzt, doch schon nach einem Jahre von seinem Bischof Snnjic als Vertreter der
Katholiken und der Ordensprovinz nach Sarajevo zurückberufen. Vom Provinzial mit
einer Mission in Bulgarien betraut, durchreiste er im Fluge dieses Land und die Wallachei
und schilderte im „Xawlieki mit glühenden Farben die Verhältnisse der Katholiken
in diesen Ländern, sowie in Bosnien und der Hercegovina. Nun wurde er zum Professor
in Kresevo ernannt, wo er den I. Theil seiner unsterblichen „Osvetniei" (Rächer) dichtete.
Im Jahre 1860 auf die Pfarre bei Novi Seher versetzt, brachte er daselbst zwei weitere
Theile der „Rächer" fertig und übertrug Racine's „Iphigenie", Chateaubriand's „Rene"
und Vergil's „Aeneide" ins Kroatische.
Vom Jahre 1863 bis 1878 finden wir Martiö wieder in Sarajevo, wo er als
Pfarrer und Mitglied des Vilajets-Rathes eine ungemein rege Thätigkeit entfaltete. In
dieser Periode schrieb er außer dem IV. Theil der „Rächer" nichts, doch erwarb er sich
ein großes Verdienst durch die Gründung einer katholischen Elementarschule in Sarajevo,
welche im August 1879 leider den Flammen zum Opfer fiel.
Fra Grgo Martic bedauert noch heute besonders lebhaft den Verlnst seines Epos
„OsinalHa", worin er die Eigenschaften und die Politik Osman Paschas schwungvoll
besang. Als er nämlich bei demselben Osman in Ungnade fiel und eine Hausdurchsuchung
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Volume 22
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bosnien und Herzegowina
- Volume
- 22
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.34 x 22.94 cm
- Pages
- 536
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch