Page - 407 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Volume 22
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Wir sehen Luka Vukalovic, wie er, angewidert und herausgetrieben durch türkische
Willkür, Haus und Hof, Mutter und Weib mit heldenmüthiger Entsagung verläßt, um
als Hajduke das Unrecht zu bekämpfen, den Schwachen und Unterdrückten Hilfe zu bringen.
Sein Leben in stiller Waldeinsamkeit und sein Verkehr mit der Natur ist mit nnnachahm-
barer Meisterschaft gezeichnet. Die Türken von Trebinje, die sich durch die Allgegenwart
des Hajduken in ihrer Willkür beschränkt sehen, beschließen eine Treibjagd anf ihn; doch
fliehen sie, nachdem Luka ihren Bannerträger erschossen, über Hals und Kopf hinter die
schützenden Mauern der Stadt zurück. Luka steigt nun zu seinem Dorfe herab, um die
Naja gegen den voraussichtlichen Rachezug der Türken zu organisiren. In der That
sammeln sich von allen Seiten türkische Truppen, und bald kommt es am Grahovac zu
einer mörderischen Schlacht, welche sich durch das rechtzeitige Eingreifen Lnka's und seiner
tapferen Schaar zu einer unerhört blutigen Niederlage der Türken gestaltet. In stürmischer
Nacht schleicht der Tod in unheimlicher Personification zwischen den Leichenhügeln. Lnka's
Abschied von seiner Gattin, seine Beichte und die Rede des Jgnman, sein Waldleben,
insbesondere aber der erschütternde Schlußgesang „Die Gräber" gehören zum Schönsten,
was die Weltliteratur bisher hervorgebracht hat. Der Dichter hat sich in diesen seinen
Dichtungen offenbar des kroatischen Epikers Mazuranic „Cengic Aga" zum Muster
genommen; allein während sich die beiden Dichter im Adel der Sprache und in der
Komposition die Wage halten, hat Marti? als genauer Kenner von Land und Leuten
Mazuranic in naturgetreuer Schilderung des Schauplatzes der Handlung, sowie in
markiger Charakterisirung seiner Helden weit überflügelt.
Die dritte Epopöe der „Rächer" besingt den denkwürdigen Krieg der Türken und
Montenegriner im Jahre 1862, die vierte unter dem Titel „Mo und Zeltt" aber ein
Ereignis in Bosnien aus dem Jahre 1832. In den letzten drei Epen endlich werden der
bosnisch-hercegovinische Aufstand und die Kämpfe Serbiens und Montenegros gegen
die Türkei, Hadzi Löjas Jufurrection und die Occupatiou durch die österreichisch-ungarische
Monarchie besungen.
Fra Grgo Martiö ist ein Volksdichter im besten Sinne des Wortes und verdient
dem Dalmatiner Kacie ebenbürtig an die Seite gestellt zu werden. Durch die Volkspoesie
angeregt, besang Kacic die Heldenthaten der Vorfahren und regte die Idee der slavischen
Wechselseitigkeit an, um das kroatische Nationalbewußtsein zu wecken; Martic aber schildert
die Leiden seiner Landsleute, um die Theilnahme ihrer glücklicher gestellten Brüder zu
erwecken und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft wach zu erhalten.
Allein Martin ist auch ein Weltdichter. Als Kenner vieler Sprachen und Literaturen
hat er seinen Blick erweitert; es ist denn auch natürlich, daß er sich in manchen Dingen
von der Volksauffassung entfernt und namentlich das Weltgetriebe mit ganz anderen
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Volume 22
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bosnien und Herzegowina
- Volume
- 22
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.34 x 22.94 cm
- Pages
- 536
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch