Page - 114 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (7), Volume 23
Image of the Page - 114 -
Text of the Page - 114 -
114
Die Einheit des ungarischen Staatsgebietes gelangt nach langwierigen Evolutionen
erst in den Gesetzartikeln 1848: VII (Preßburg) und 1848:1 (Klausenburg) zum Ausdruck;
die Union Siebenbürgens ist dadurch Thatsache geworden. Die endgiltige Regelung
dieser Union erfolgt durch den Gesetzartikel 1868: X1.III, der mit den Verhältnissen des
seit 341 Jahren specifisch entwickelten Landestheiles abrechnet.
In habsburgischer Zeit, bis 1848 herauf, entwickelte sich Siebenbürgen als
politischer und administrativer Organismus auf Grundlage der fürstlichen Verfassung.
Die Legislation wurde durch den ans einer Kammer bestehenden Landtag in
Gemeinschaft mit dem König von Ungarn als Fürsten von Siebenbürgen ausgeübt.
Allerdings besaß auf dem siebeubürgischeu Landtage das gonvernementale Element einen
überaus großen Einfluß. Der Präsident des Landtages wurde durch die Stände (Ltutuum
?raeses) gewählt. Wichtigeren Vollversammlungen (wenn abweichende Meinungen zu
versöhnen, Gesetze zu redigireu waren) präsidirte der Gouverneur. Als Schriftführer,
also Gesetzredacteure, fuugirteu die Richter der königlichen Gerichtstafel. Das Recht der
Einberufung des Landtages (nach gefetzlicherPraxis einmal imJahre, auf den St. Stephans-
tag), sowie seiner Auflösung und der Sauctioniruug der Gesetze stand bei dem Fürsten.
Auf dem Landtage erschienen ohne Stimmrecht, für den fürstlichen Gubernialrath
der Präsident des königlichen Gnberniums, der Gonv erneur (Audei-rmtor), die Räthe
und Secretäre und die obersten administrativen und richterlichen Beamten; mit Stimmrecht
36 Deputirte der Cvmitate und Szekler (von jedem Comitat und Szekler-Stuhl zwei),
36 städtische und 22 sächsische (von jedem Stuhl zwei) Deputirte. Von den angeseheneren
Edelleuten konnte der Fürst durch besonderen Einladungsbries die Regalisten und
königlichen Beamten berufen; diese Briefe wurden durch das königliche Gnbernium
versendet. Auf diese Art bewahrte sich die Legislative Siebenbürgens einen gewissen
patriarchalischen Charakter, und die Executive hatte ein entscheidendes Wort.
Die Executive wurde von dem dem Fürsten verantwortlichen siebenbürgischen
königlichen Gnbernium oder Ob er-Gubernialrath (LxcelsumreAiumAubernmm,
Consilium Fuberniuls intimum) zu Klausenburg ausgeübt. Es coutrolirte die Verwaltung,
war in seinem besonderen richterlichen Senat oberster Gerichtshof, überwachte die EinHebung
der Staatssteuern, das militärische Quartierwesen, die Kirchen- und Schulangelegenheiten,
die öffentliche Gesundheitspflege, es brachte die Gesetze in Umlauf und sorgte für ihre
Ausführung. Die Gnbernialräthe wurden unter Berücksichtigung der vier Religionen
und drei Nationen auf Grund eines Ternavorschlages des Landtages durch den
Fürsten ernannt.
So organisirt wirkte diese Körperschaft bis Juli 1848. Von 1861 bis 1867 war
sie, mit Ausnahme der Gerichtsbarkeit, abermals thätig. Die Übergangsarbeiten der
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Volume 23
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (7)
- Volume
- 23
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1902
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.13 x 23.25 cm
- Pages
- 622
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch