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alten, jetzt dem Grafen Edmund Bethlen gehörigen Schloß, das ehemals ein Nonnen-
kloster war.
D a s Kalotaßeger Volk. — Die magyarische Bevölkerung von Kalotaßeg
unterscheidet sich durch ihre eigenartig schöne Mundart und noch mehr durch ihre Tracht
auffallend von den Magyaren des Klansenburger Comitates nebst Umgebungen. Ihre
Hauptgebräuche: die gästereiche Hochzeit und Taufe, die lustigen Arbeitsznsammenkünfte
(Kaläka) und die Bestattungsbräuche sind denen der fern wohnenden Szekler sehr ähnlich.
Auch ist die Meinung sehr verbreitet, daß das Volk von den Szeklern abstammt, wie ja auch
die mündliche Überlieferung vom tatarischen Ursprünge der Bänssy-Hnnyader nicht aus-
zurotten ist; die Leute der Gegend Pflegen zu sagen: „sie haben ja gar nicht die Form,
wie ein Magyare". In der That ist der Typus ein anderer: die Bänffy-Hnnyader unter-
scheiden sich vom übrigen Kalotaßeger Volk durch stark vorspringende Gesichtsknochen,
schmale Stirne und hohen Wuchs.
Die Magyaren von Kalotaßeg sind, Jegenye und Bäcs ausgenommen, sämmtlich
resormirt. Sie sind religiös und friedfertig, hängen treu an ihren Bräuchen, lieben
Reinlichkeit und Fleiß, und neigen ein wenig zum Aberglauben. Die Frauen sind von
alpiner Frische, ihr Teint ist mattweiß mit feinem Wangenroth, das Auge braun, das
Haar kastanienbraun, der mittelgroße Wuchs gut entwickelt. Die Männer sind meist
schöne, hoch und kräftig gewachsene Leute. Ihre Tracht ist malerisch schön. Das eigen-
thümliche Kleidungsstück der Frauen ist der „Muszuly", ein schwarzer, in Falten gezogener,
vorne nicht zusammengenähter Rock, dessen unterer Rand innen mit einem spannebreiten,
rothen, gelben oder schwarzen Tuchsaum benäht wird; die beiden Flügel des Muszuly
werden oben in den Gürtel gesteckt, wobei jener farbige Saum sich umlegt und rückwärts
bis an die Absätze der rothen Stiefel hinabläuft. Vorne ist der aufgesteckte Muszuly
durch eine breite, schwarze, geblümte, in Falten gelegte Schürze bedeckt. Zwischen Schürze
und Muszuly zeigt sich rechts und links über den rothen Stiefeln das gefältelte Leinen-
hemd in Gestalt von zwei weißen Dreiecken. Die Mädchen tragen das Haar geflochten
und den Jungfernkranz nebst langen, flatternden Bändern, zwischen denen neuestens auch
eine seidene Troddel erscheint; auch bei den jungen Frauen ist diese als „Perlenbund"
schon vorhanden. Die schneeweißen Hemdärmel sind unter den Ellbogen
durch roth oder schwarz ausgenähte Manschetten eng geschlossen. Das anliegende Lamm-
sellleibel ist kunterbunt mit seidenen Tulpen und Rosen bestickt. Das ungarische Schnür-
leibchen wird nur mehr wenig und bloß als Festtracht getragen. Die Mädchen tragen auf
dem Kirchgang den bebänderten und mit weißen Perlen benähten Jungfernkranz,die jungen
Frauen das Kopftuch aus durchscheinendem weißen Linnen; unter dem Kopftuch glitzert
ein eng anliegendes, goldgesticktes Häubchen, unter dem das ganz verdeckte Haar in
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Volume 23
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (7)
- Volume
- 23
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1902
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.13 x 23.25 cm
- Pages
- 622
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch