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wollte nämlich den Csiker Stuhl in eine militärisch organisirte „Grenze" umwandeln
Allein der „freie" Szekler protestirte und wollte nicht „die Waffen aufnehmen", da sandte
das Kriegseommando Truppen unter Bukow gegen die zu Madefalva protestirenshalber
versammelten Szekler, von denen etliche Hundert niedergemetzelt wurden.
Das jetzige Csiker Comitat wurde 1876 aus dem Gebiete des alten Csiker Stuhles
gebildet. Die große Mehrheit der Bevölkerung sind römisch-katholische Szekler; auch
14.470 Rumänen leben unter ihnen, und zwar meist an der Grenze, im Gyergyö-
Tölgyeser Bezirke. Die Szekler von Csik sind als ein typischer Stamm des Szekler-
thums anzusehen, der auf seinem, überall von hohem Gebirge umgebenen Gebiete, gegen
fremde Einflüsse abgeschlossen, mehrere interessante alte Bräuche und charakteristische
Eigenheiten bewahrt hat. Der Csiker Szekler ist meist muskulös, mittelgroß, breit-
gestirnt, arbeitskräftig und fleißig. Dabei wortkarg, von tiefer Empfindung, ernster
Gemüthsart und starker Religiosität.
Der Boden ist mager und verlangt harte Arbeit um das tägliche Brod. Darum
gewöhnt sich der Csiker Szekler frühzeitig an schwere Plage. Die vielen Hindernisse, die
er überwältigen muß, haben ihn körperlich nnd geistig sehr entwickelt. Seine Handfertigkeit
ist besonders bei Schnitzarbeiten auffallend. Man merkt dies schon an seinem reich
geschnitzten Hausthor, aber auch am Wirthschafts- und Hansgeräthe, das meist seiner
Hände Arbeit ist. Die Frauen sind Muster von Reinlichkeit nnd Ordnungsliebe.
Das volkswirthschaftliche Leben ist wenig entwickelt, Handel und Gewerbe primitiv.
Blos die Ausfuhr von Holz und Mineralwasser bietet dem Volke ein namhaftes Erträgniß.
Der mit „Borviz" hansirende Szekler ist noch jetzt eine eigenartige Figur des sieben-
bürgifchen Volkslebens, obwohl sein Geschäft, seitdem auch das Mineralwasser auf der
Eisenbahn versandt wird, zurückgegangen ist. Steinmetzarbeit und Thonindustrie sind in
der Csik zwar alten Datums, aber noch immer in der Wiege. Steinmetze sind die Einwohner
von Csik-Szent-Kiräly. Töpferei wird meist als Hausgewerbe in Csik-Dänfalva, Madaras,
Gyergyö-Szent-Miklös, Tekeröpatak und Szärhegy betrieben. Die Verarbeitung von
Wolle, Hanf und Flachs hat außerhalb des häuslichen Kreises nicht Boden gewinnen
können. Einige Wichtigkeit kommt der Eisen- und Holzindustrie, dann den Mühlen zu. Es
gibt etwa 125 Sägemühlen, die in größerem Maßstabe Holzindustrie treiben; neuestens
ist anch in Jnstrumenteuholz und Siebreifen ein Aufschwung zu bemerken.
Der mit der Eisenbahn am leichtesten erreichbare Punkt des Comitats ist das Bad
Tusnad, daher wollen wir dieses zum Ausgangspunkt für unsere Rundtour nehmen.
In der romantischen Tusnader Schlucht liegt, von Bergen geschützt, Bad Tusnad,
eine Perle Siebenbürgens. Die Schlucht ist östlich durch die Berge Nagy-Pälcza und Nagy-
Csomag, westlich durch den Piliskeberg gebildet. Die Abhänge sind meist mit Fichtenwald
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Volume 23
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (7)
- Volume
- 23
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1902
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.13 x 23.25 cm
- Pages
- 622
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch