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zuzunehmen, und zwar in drei Richtungen: am südlichen Laufe des Alt, auf dem Boden
zwischen Kronstadt und Hermannstadt, dann in den Gebirgen zwischen dem Ausfluß des
Schielflusses und Orsova, endlich im Norden auf der Linie vom Borgoer Paß bis zum
Sattel von Jablonicza.
In ihrer balkanischen Urheimat wohnten die Rumänen in Weilern (Katun) geschlechter-
weise im Gebirge zerstreut. Das Oberhaupt des Katuns, beziehungsweise Stammes, hieß
Knez. Diese Katuns machten sich zeitweise uuter Führung des Knez auf und wanderten
mit ihren Herden oft weit fort. So zogen immer dichtere Schwärme den Siebenbürger
Alpen zu. Als Bela IV. in einer Urkunde von 1263 die dem Graner Erzbifchof zustehenden
Rechte feststellt, soll dieser „ein Zehntel der Schafe und Rinder erhalten, die der König
von den Walachen und Szeklern erhebt". Nach welchem Maßstabe die Rumänen dem
König diese Viehsteuer entrichteten, besagt die Urkunde selbst, indem sie sie eine Quiuqua-
gesima, ein Fünfzigste! nennt. Es wurde also von je fünfzig Schafen eins entrichtet. Ihr
Steuerschlüssel, also auch ihre rechtliche und gesellschaftliche Stellung, waren demnach
dieselben wie auf der Balkanhalbinsel.
Im Laufe der Zeit wurden verschiedene walachische Knezen adelig und gingen in
der ungarischen Nation auf, was durch die Verfügungen Ludwigs des Großen und Sigis-
munds, wonach nur ein Katholik Knez werden konnte, noch beschleunigt wurde. Die
adeligen Rumänen genossen jedoch keinerlei nationale Vorrechte, sondern nur die des
Gebietes, wo jeder eben wohnte. Dies blieb so bis 1848, wo auch die uugarläudischeu
Rumänen, als unzertrennlicher Bestandtheil des Körpers der ungarischen Nation, in den
Genuß sämmtlicher Bürgerrechte traten.
Religion, Kirche. — Die Verordnung Ludwigs des Großen, daß nur ein Katholik
Knez werden konnte, wurde durch Sigismund 1428 dahin erweitert, daß der Adelige oder Knez,
der sich einen walachischen Popen halte, sein Gut verlieren solle. Ehen zwischen Katholiken
und Altglauberu waren uugiltig; wenn ein Adeliger oder Knez sein Kind durch einen
walachischen Popen taufen ließ, verlor er seinen Besitz. Aus alledem geht hervor, daß die
einwandernden Rumänen vom Balkan ihre Religion und Kirchenverfassung mitbrachten,
was der schon bestehenden Rechtsordnung zuwiderlief und zu verschiedenen Maßregeln
Anlaß gab. Ihr Mangel an kirchlicher Organisation ist schon daran zu erkennen, daß sie
gleichzeitig an mehreren Orten Bischofssitze hatten. Die Reformation fand sie in diesem
ungeordneten Zustande vor und machte daher sofort Versuche, sie dem neuen Glauben zu
gewinnen. Der erste, der dies that, allerdings erfolglos, war Johannes Honterns in Kron-
stadt. Die magyarischen resormirten Fürsten hatten dann mehr Erfolg. Die siebenbürgifchen
Gesetze nennen die „walachische Religion" noch im Jahre 1575 blos eine geduldete
Religion und verfügen, daß die Walachen sich ihren Bischof vom Fürsten erbitten sollen.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Volume 23
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (7)
- Volume
- 23
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1902
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.13 x 23.25 cm
- Pages
- 622
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch