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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (7), Volume 23
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466 DiefächsischeVolkslyrikhängtuuleugbarmitdem deutschen Volkslied zusammen. Sicher ist, daß die meisten der jetzigen sächsischen Volkslieder zur Zeit der Reformation und seither ans Deutschland herübergekommen sind. Ihrem Juhalt nach theilen sie sich in kirchliche, geschichtliche, erotische und gesellige Lieder. Die kirchlichen Lieder hat die sächsische Volks- poesie gewiß nicht geschaffen, sie sind sämmtlich dem deutschen Volke entlehnt. Auch an geschichtlichen Liedern ist sie arm, schon weil das kleine Sachsenvolk keine so großen Helden hervorbringen konnte, wie die historische Volksdichtung sie braucht. In den Liebesliedern aber lebt der innigste Zusammenhang zwischen Natur und Liebe. Die Blumen spielen da eine große Rolle. Der Rosenkranz ist das Symbol der Neigung zur Herzliebsten, der Distelkranz das der Zurückweisung. Auch unter den Blumen ist die Rose, die Blume der Blumen, die erste. Sehr beliebt siud aber auch das blaue Vergißmeinnicht und die Nelke. Der Grundton dieser Liebeslieder ist in der Regel schwermttthig, was dem deutschen Volkscharakter entspricht. Nicht nur das deutsche Volk, auch der Sachse kann sich mitten in der Lustbarkeit von jenem unbestimmten Weh beschlichen fühlen, für das Heine so bezeichnende Töne gefunden hat. Zur vierten Classe des sächsischen Volksliedes zählen wir alle Lieder, die den Freudeu des geselligen Lebens gewidmet sind, also Gelegenheitsgedichte, Festgesänge, Wein- und Tanzlieder, Familien- und Kinderlieder. An diesen letzten ist die sächsische Volksdichtung sehr reich. Besonderen Antheil nimmt das Volk an dem Schicksale der Stiefkinder und Waisenmädchen. Das traurige Los des vou der Stiefmutter verfolgten oder des ganz verwaisten Mädchens spiegelt sich in den ergreifenden Schilderungen dieser kurzen, meist wirklich schönen Lieder. Die schluchzende Klage des Waisenmädchens am schneebedeckten Grabhügel der Mutter, das herzbrechende Weinen des von der Stiefmutter eingesperrte» Mägdleins, der Abschied der Verwaisten aus dem ihr entfremdeten Elternhause, ihr Hinausirren in die Fremde bei Sturm und Schneetreiben, das Alles schildern diese Lieder mit großer Innigkeit. Auch die Waise findet in ihrem Schmerz milde Tröster, den Banm, in dessen Schatten sie ausruht, und die wärmende Sonne und den bunten Falter, der sie umflattert, wenn auch herzlose Menschen sie von Thüre zu Thüre schicken. Das folgende Liedchen aus der Mühlbacher Gegend mag als Beispiel dienen, wie Leid und Verlassenheit der Mutterlosen in aller Schlichtheit einer naiven Kunst doch gar natürlich und mit fast epigrammatischer Schärfe dargestellt wurden: Et wör emöl e medchen, et säs äm lechendirchen, dae mich hisch geweichen huot, uch mich hisch gekämt huot, en schri sich än det schirzken, Medchen, woräm schräst te? Äm menj güldig moter, wae en ris äm guorten, dae des morjest afblaet und des öwest zablaet.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Ungarn (7), Volume 23
Title
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Subtitle
Ungarn (7)
Volume
23
Editor
Erzherzog Rudolf
Publisher
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Location
Wien
Date
1902
Language
German
License
PD
Size
15.13 x 23.25 cm
Pages
622
Keywords
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Categories
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